© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002

 
UMWELT
Lästige Tierschützer
Volker Kempf

Recherchen des Politischen Arbeitskreises für Tierrechte in Europa (Pakt e.V.) in Nordrhein-Westfalen haben ergeben: Das im Januar in Karlsruhe gefällte Urteil zum betäubungslosen Schächten führte zu Fehlinterpretationen bei den zuständigen Behörden. Denn: "Auf die allgemeine Angabe hin, der Antragsteller sei Moslem, wurden Genehmigungen für betäubungsloses Schächten in einem Umfang erteilt, der die Ausnahmen zur Regel werden ließ." Keiner der Antragsteller habe zwingende religiöse Vorschriften nachgewiesen, obwohl das Urteil verlangt, daß Gründe "substantiiert und nachvollziehbar" zu belegen sind. Zudem fehlte es "durchweg an der erforderlichen Sachkunde und Erfahrung der moslemischen Schächter"; dennoch sei die Zahl der genehmigten Schächtungen in die Tausende gegangen.

Die fehlende Rückendeckung seitens des Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums in NRW, im Sinne des Urteils die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung genau zu prüfen, wurde von Veterinären beklagt. Mangels ausreichender personeller Ausstattung der Veterinärämter konnten die vorgeschriebenen Kontrollen der Schächtvorgänge nur punktuell erfolgen. Überdies wird vor allem in Schäfereien illegal geschächtet, weil dort gar keine Kontrollen stattfinden. Auch aufgrund von Berichten aus anderen Bundesländern drängt sich Pakt e.V. der Eindruck auf, daß durch verfälschende Darstellung die Rechtssituation nach Belieben ausgelegt wurde, um willfährig Ausnahmegenehmigungen erteilen zu können und so lästigen Diskussionen mit Moslems zu entgehen. So wird ein wässriges Schächturteil durch die Praxis nochmals verwässert. Dafür drohen den Behörden nun "lästige Diskussionen" mit Tierschützern.


 
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