© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/02 26. Juli / 02. August 2002


Monster-AG
von Alexander Barti

Die Meldungen über die korrupte Elite in Deutschland erzeugen inzwischen kaum noch Empörung, so alltäglich ist das Phänomen geworden: Brandenburgs Justizminister Kurt Schelter (CDU), ein Bayern-Import, tritt wegen einer Immobilien-Affäre zurück, ehemalige Thyssen Manager müssen wegen millionenschwerer Steuerhinterziehungen in den Bau und PR-Profi Moritz Hunzinger hatte nicht nur Ex-Verteidigungsminister Scharping (SPD) auf seiner "Gehaltsliste", sondern auch Galionsfiguren einer grünen "Systemalternative" wie Cem Özdemir. Was ist los mit diesem Land, fragt man sich kopfschüttelnd, wieviel verrottete Moral verkraftet ein Staat?

Die Lösung besteht nicht darin, auf die "Hunzingers" einzuschlagen; diese Menschen machen nur ihren Job, niemand ist gezwungen, sich mit ihnen einzulassen. Die "Hunzingers" sind allenfalls ein Symptom einer enthemmten Klasse, die ihre Posten nur noch als Gelegenheit zur maßlosen Bereicherung wahrnimmt - eine persönliche Verantwortung wird nicht mehr gefühlt. Dieses Modell gleicht auf fatale Weise einer Aktien-Gesellschaft, die auf französisch so treffend Societé anonym - anonyme Gesellschaft - genannt wird. Auch dort immer öfter: korrupte, kriminelle Manager, die sich mit windigen Konstruktionen fette Prämien in die Taschen scheffeln, verborgen hinter einem Netzwerk von verwirrenden Beteiligungen und in einem Heer von Mitarbeitern. Dieser politischen Klasse ist nicht mehr zu helfen; sie wird an ihrer eigenen Hybris untergehen, platzen, wie die Monster-AGs in Übersee und anderswo. Das zu wissen, ist sehr erleichternd.


 
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