© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002


Blick in die Medien
Sommerzeit
Ronald Gläser

Im Wahlkampfjahr werden Spitzenpolitiker sensibel. Weil mehr und mehr Durchschnittsbürger auf den Costa-Brava-Urlaub verzichten, bleibt jetzt auch der Kanzler im heimischen Garten. Edmund Stoiber tut es ihm gleich und ersetzt die Costa del Sol mit dem Nordseestrand. Der Durchschnittsbürger hat aber dank Manfred Krugs Werbefeldzug auch ein Aktiendepot mit den rosa T-Aktien. Telekomanteile sind seit langem zu den Prügelknaben der Finanzmärkte geworden. Dem Zorn der Aktionäre scheint der Bundeskanzler jetzt Ron Sommer opfern zu wollen. Ist ein Ende der Sommer-Zeit die richtige Entscheidung? Jahrelang hat die Bundesregierung vom Verkauf der T-Aktien profitiert. Und jahrelang hat sie den profilierten Konzernchef arbeiten lassen. Seine Unternehmenspolitik blieb unwidersprochen. Vorwürfe, Sommer verprasse die liquiden Mittel der Telekom für Voicestream und UMTS, wurden als haltlos abgetan - von Managern und Politikern. Besonders beim CSU-nahen Bayerischen Rundfunk schießt man sich auf Schröder und Sommer ein. In "Report München" werden Aufnahmen von Hans Eichel sinngemäß kommentiert: "Der Bund profitierte von der T-Aktien-Emission, ohne seine Verantwortung als Großaktionär wahrzunehmen." Moment. War nicht Theo Waigel Finanzminister, als 1996 die T-Aktie an die Börse ging? Ergo: Die CSU sollte bei der Wahrheit bleiben, die Bundesregierung sollte sich an die eigene Nase fassen, und die Telekom sollte Manfred Krug vom Dienst suspendieren.


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