© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002


Frisch gepreßt

Augstein. Seit mehreren Jahrzehnten beherrscht keine Person die Presselandschaft in Deutschland derart wie der Spiegel-Gründer und Herausgeber Rudolf Augstein. In seinen journalistischen Fle-geljahren vermochte er die Regierenden daran zu erinnern, daß ihr Tun nicht allein der Kontrolle des Parlamentes unterliegt, sondern auch, wie es gute demokratische Tradition sein sollte, der "vierten Gewalt" - der freien Presse. Dabei drückte er, durch die gewonnene Macht seines Hausblattes, jahrzehntelang einziges ernstzunehmendes politisches Magazin, indirekt der politischen Klasse seinen Stempel auf. Mit fortschreitendem Alter überraschte der "Grandseigneur" in seinen Leitartikeln mit der Vertretung konservativer und nationaler Vorstellungen. Es erstaunt nicht, daß genau diese Attitüde bei seinem Biographen Otto Köhler, bis 1972 selber Journalist beim Spiegel, danach beim WDR und verschiedenen linken Zeitungen wie Konkret, am kritischsten betrachtet wird. Darüber hinaus greift Köhler seinen ehemaligen Arbeitgeber wegen einiger NS-Aktivisten an, die die Anfangsjahre des Spiegel begleiteten - allerdings erscheint diese Kritik wie eine späte Rache für Köhlers Rauswurf durch Augstein 1972 (Rudolf Augstein. Ein Leben für Deutschland. Droemer Verlag, München 2002, 416 Seiten, geb., 24,90 Euro.)

Die Mitte und die Rechte. In einem vom Kölner Politologen Christoph Butterwegge herausgegebenen Band über bundesdeutsche "Leitdiskurse" zu Kultur, Nation, Volk und Zuwanderung kommt es den einschlägig bekannten, am linken Rand anzusiedelnden Autoren darauf an, zwischen "bürgerlicher" Mitte und extremer Rechter eine möglichst große ideologische Schnittmenge herauszuarbeiten. Dabei findet sich kaum ein Beitrag, der nicht an jene "Antifa"-Tanztees der PDS erinnert, auf denen Butterwegge gern den Zeremonienmeister macht. Den geistigen Tiefstpunkt markiert jedoch nicht Butterwegge, sondern der unvermeidliche Samuel Salzborn, der wieder einmal mit seinen in alte SED-Schablonen verpackten Thesen über die "Bedeutung der Vertriebenenverbände und ihrer Anliegen für politische Debatten der Gegenwart" die historischen Bildungsdefizite seiner Generation unter Beweis stellen darf (Themen der Rechten - Themen der Mitte. Zuwanderung, demografischer Wandel und Nationalbewußtsein. Leske+Budrich, Opladen 2002, 288 Seiten, 18 Euro).


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