© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002

 
Verwertung ist besser
Studie: Die Vor- und Nachteile von Verpackungen
Volker Kempf

Mit Müll und dem Bau von Müllverbrennungsanlagen (MVA) wird viel Geld verdient. Das hat die Bestechungsaffäre der Kölner SPD ins Bewußtsein gerufen. Wie sieht es aber mit dem ökonomischen und ökologischen Sinn einzelner Verpackungsarten und ihrer Entsorgung oder Verwertung aus? Dieser Frage geht eine im Jahr 2000 fertiggestellte, mehrere hundert Seiten umfassende Untersuchung nach, die im Mai 2002 einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft als Bewertungsgrundlage von Optimierungsmöglichkeiten diente.

Die Studie mit dem Titel "Grundlagen für eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Verwertung von Verpackungen" wurde vom Umweltbundesamt (UBA) in Berlin in Auftrag gegeben und von der Ingenieurgesellschaft für Aufbereitungstechnik und Umweltverfahrenstechnik Aachen (HTP) sowie dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) durchgeführt.

Aus dem Vergleich einer ausschließlichen Beseitigung von 13 untersuchten Materialgruppen durch die Müllverbrennung (zu 30 Prozent) und Deponierung (zu 70 Prozent) ergab sich gegenüber der Verwertungsoption im Status quo der Technologie von 1998 kein Vorteil für ersteres. Genauer gesagt: Die metallhaltigen Materialgruppen Aluminium, Verbunde auf Alu-Basis, aluhaltige Verbunde, Weißblech, Weißblech-Verbunde und relativ großformatige Verpackungen wie Kunststofflaschen, Kunststoffolien (größer als DIN-A4-Format) und Flüssigkeitskartons weisen in der Verwertung "eindeutige ökologische Vorteile gegenüber der Beseitigung" auf.

Anders sieht es für Kunststoffbecher, -folien (kleiner als A4) und -verbunde sowie mit Einschränkung auch für Papierkartonageverbunde aus; sie alle zeigen der Studie zufolge "keine eindeutigen ökologischen Vorteile der Verwertung gegenüber der Beseitigung" auf.

Damit ist von den Instituten aber erst einmal nur eine Bilanzierung unter der Option des bestehenden Müllsystems von 1998 vorgenommen. Doch was geschieht, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, etwa wenn einzelne Verpackungsmaterialgruppen gezielt in eine MVA zugeführt werden? Dabei ergibt sich für die Gutachter, im Vergleich zwischen der Verwertung im Status der Sortiertechnik des Jahres 1998 und der Beseitigung zu 100 Prozent in MVA bei den Verpackungsgruppen, die schon im Standardvergleich nur geringe ökologische Unterschiede aufweisen, also für Kunststoffbecher, -folien (kleiner als A4), Kunststoffverbunde und sonstige Kunststoffe "ein eindeutiges ökologisches Patt".

Allerdings streicht das Gutachten auch heraus, daß der zugrundegelegte Stand der Sortiertechnik noch "außerordentlich stark durch händische Sortierarbeit charakterisiert" sei, welche nur in geringem Umfang und nur bei metallhaltigen Stoffen maschinell unterstützt werde. Es finde aber gegenwärtig eine Umrüstung der Sortieranlagen auf weitgehend mechanisierte Abläufe statt, die schon Ende des Jahres 2000 die Hälfte des Mengenstromes erfaßt habe. Bis 2003 werde diese Umrüstung abgeschlossen sein, heißt es. Unter dieser Option ergibt sich dann wieder gegenüber der Beseitigung ein ökologischer Vorteil für die Verwertung. Auch ökonomisch werde es sich kaum lohnen, einzelne Stoffe aus dem Verwertungssystem herauszunehmen.

Für die Lobby der Erbauer von Müllverbrennungsanlagen ist dies keine gute, aber auch keine sehr schlechte Nachricht, weil die thermische Entsorgung in bestimmten Materialgruppen auch nicht als sonderlich nachteilig angesehen wird. Alles weitere ist eine politische Entscheidung, auf die dann Lobbygruppen einzuwirken versuchen werden, was zu untersuchen aber die Aufgabe einer Politikfeldanalyse wäre.


 
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