© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002

 
Unter Druck
Deutsche Post: Regulierungsbehörde fordert Portosenkung
Günter Wiese

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat entschieden, daß die Deutsche Post AG die Preise für Briefe und Karten (ihren Monopolbereich) um 7,2 Prozent zu senken hat. Trotz der europaweit führenden Qualität und eines Platzes im Mittelfeld der EU-Briefpreise wird die Deutsche Post AG zur Portosenkung aufgefordert. Diese Politik der Regulierungsbehörde, die der Post Ertragseinbußen von 300 Millionen Euro jährlich beschert, ist unverständlich, denn vor dem Hintergrund höherer Lohnkosten steigen die Briefpreise in Großbritannien, Irland und Spanien, den Niederlanden sowie den USA.

Die Unternehmensleitung hat sofort mit umfangreichen Rationalisierungsmaßnahmen gedroht: der Schließung von 1.000 Filialen, dem Wegfall von mehreren tausend Briefkästen sowie der Vernichtung von weiteren 10.000 Arbeitsplätzen. Eine Erhöhung der Preise für Leistungen, die nicht unter das Monopol fallen, wurde gleichzeitig angekündigt.

Die Entscheidung der Behörde wird mit Entschiedenheit abgelehnt. Sie trifft nicht nur die Unternehmensleitung, sondern auch die 320.000 Beschäftigten, die Privatkunden und 850.000 Aktionäre hart. Neben der Vernichtung von Arbeitsplätzen werden nicht nur die Arbeitsbedingungen weiter verschlechtert, sondern in der Folge auch die Qualität (beispielsweise verspätete oder falsche Zustellungen). Die Kunden werden weitere Wege zu Briefkästen und Filialen in Kauf nehmen müssen sowie noch längere Wartezeiten an den Schaltern erleiden - also zusätzliche Qualitätsverschlechterungen zu ertragen haben. Bisher kostenfreie Dienstleistungen werden von der Post kostendeckend angeboten werden. Nicht zuletzt wird der Börsenkurs in Mitleidenschaft gezogen. Es darf keine Sonderbelastungen durch Politik und Regulierungsbehörde geben. Die Preise haben sich am Markt, an der Ertragslage des Unternehmens, am Infrastrukturauftrag (jeder Ort soll per Post erreichbar sein) und dem Allgemeinwohl zu orientieren.

Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften befinden sich in einer Zwangslage. Mit der Liberalisierung des Postmarktes und sinkenden Preisen erhöht sich die Konkurrenz, das ist gut für die Kunden. Andererseits werden die Beschäftigten weiter ausgebeutet. Verhindert die Post dagegen Billigangebote, wird sie weniger konkurrenzfähig sein und Kunden verlieren. Qualität dagegen sichert auf Dauer Marktanteile. Bei einer ständig verringerten Zahl von Beschäftigten und dem bereits bestehenden unerträglichen Arbeitsdruck wird die Qualität nicht verbessert, vielmehr macht das geforderte Arbeitsmaß die Menschen krank. Frühverrentung ist die Folge. Kurzfristig sind Leistungsfähigkeit und Qualität zu sichern. Langfristig sind global geltende Normen einzuführen. Ein hoher Anteil von Langzeit-Arbeitskräften unter vertretbaren Arbeitsmengen und -bedingungen bei angemessener, familiengerechter Bezahlung, könnten hierzu entscheidend beitragen.

Der Leiter der Regulierungsbehörde, Matthias Kurth (SPD), beteiligt sich mit dieser Entscheidung an der Vernichtung von 10.000 Arbeitsplätzen bei der Post und beeinflußt den Kurs der Post-Aktie. Er schädigt damit viele Kleinaktionäre, darunter viele Mitarbeiter der Post. Die ganze Maßnahme riecht nach einer Wahlkampfaktion der rot-grünen Bundesregierung. Sie kann jetzt sagen: "Seht her, die Postgebühren fallen!"

 

Günther Wiese ist Geschäftsführer für Berlin der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT).


 
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