© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/02 19. Juli 2002

 
Panzer als Kalkül
Verteidigung: Scharping und Stützle brüskieren die Rüstungsindustrie
Alexander Schmidt

Das 285 Millionen teure Projekt eines neuen Schützenpanzers muß gestoppt werden, weil das Produktionsziel des "Panthers" mit dem Jahr 2008 zu weit bemessen ist. Die Panzer müssen nun bis zum Jahr 2004 bereitstehen.

Für Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping bedarf es dafür nur eines Handstreiches: "Druck erzeugt Innovation. Innovation erzeugt bessere Lösungen, und bessere Lösungen werden eher akzeptiert", kommentierte er die Entscheidung. "Das Vergabeverfahren für den 'Panther' befand sich auf einem alten Pfad", bemüht sich Staatssekretär Walther Stützle um eine Erklärung. Mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr habe sich die Lage vollkommen verändert. Diskutiert wird zur Zeit deshalb der Lizenzbau des schwedischen Panzers CV 9030 wie auch die Neukonstruktion eines in vielen Details reduzierten "Panthers". Vor Jahren aber wurden bereits Überlegungen über den Nachbau des CV 9030 verworfen, als sich dieser in allen Untersuchungen als ungeeignet erwies.

Eine Neuentwicklung, heißt es bei Krauss-Maffei Wegmann (KMW), könne ebenso frühestens Anfang 2007 ausgeliefert werden. Vielmehr scheint Scharpings plötzlicher Ausstieg mit kommenden Sitzungen des Haushaltsausschusses zusammenzuhängen. Dann soll nämlich auch ein deutsch-britisches Projekt zur Eurofighter-Bewaffnung verhandelt werden, dessen Kosten fast in gleicher Höhe wie die des Panthers liegen. Hier hätte, laut Die Welt, "massiver britischer Druck" dafür gesorgt, diesem Projekt den Vorzug zu geben.

Problematisch sind auch die Rahmenbedingungen. Auf erheblichen Druck des Verteidigungsministeriums schlossen sich KMW und Rheinmetall DeTec zwangsweise zum Bau des Panzers zusammen. Jetzt wird auch die Panther-Absage als eine weitere Drohgebärde gegenüber der Rüstungsindustrie zur "weitergehenden Konsolidierung" gesehen. Hintergrund ist der anstehende Verkauf von 49 Prozent Krauss-Maffai-Anteilen durch Siemens. Um zu verhindern, daß ein amerikanischer Investor in den Konzern einsteigt, soll Rheinmetall dazu gedrängt werden, die frei werdenden Anteile zu übernehmen. Bisher waren die staatlichen Versuche in dieser Hinsicht jedoch nicht erfolgreich.


 
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