© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/02 12. Juli 2002

 
In die Wüste geschickt
Evangelische Kirche: Der ehemalige Bundesgrenzschutzdekan, Kirchenrat Rolf Sauerzapf, ist als Gastprediger nicht mehr erwünscht
(idea)

Einer der bekanntesten konservativen Kirchenmänner, Kirchenrat Rolf Sauerzapf, ist nach 20 Jahren als Gastprediger an der Kasseler Friedenskirche nicht mehr erwünscht. Eine knappe Mehrheit des Kirchenvorstandes hatte sich im April dafür ausgesprochen, die "Einbindung als Gastprediger nicht weiter zu verlängern". Zuvor hatten Kirchenvorsteher Kritik an Äußerungen des Theologen im Gottesdienst geübt. Einer bemängelte, daß Sauerzapf in einer Predigt über die Einzigartigkeit Jesu Christi der "großartigen Religion des Buddhismus" nicht gerecht geworden sei. Ein anderer Kirchenvorsteher kritisierte Äußerungen des Kirchenrates zur Segnung homosexueller Paare. Sauerzapf - ehemaliger Leiter der Evangelischen Seelsorge im Bundesgrenzschutz - hatte über sein "Leiden an der Kirche" gesprochen und unter anderem ausgeführt: "Ich leide darunter, wenn Pfarrer Gleichgeschlechtliche segnen, anstatt ihnen seelsorgerliche Hilfe zukommen zu lassen."

Aufgrund der kritischen Stimmen kam es zu einem Gespräch mit den Kritikern im Kirchenvorstand sowie Pfarrer Matthias Meigner und Pfarrerin Inken Richter-Rethwisch. Dabei sei ihm vorgeworfen worden, gegen die "Liebe" zu verstoßen und "intolerant" zu sein, so Sauerzapf. Wegen der Entscheidung des Kirchenvorstandes trat dessen Vorsitzender Ludwig Dellit zurück. Drei weitere langjährige Vorstandsmitglieder legten ihr Amt nieder. Für Sauerzapf ist die Angelegenheit bezeichnend für die Lage der evangelischen Kirche. Wer sich dort kritisch zu Fehlentwicklungen äußere, müsse damit rechnen, "in die Wüste geschickt" zu werden.

Zum Hintergrund: Nach Angaben von Pfarrerin Richter-Rethwisch ist mit der Pensionierung Sauerzapfs im Dezember 2000 der Predigtauftrag und das damit verbundene Kanzelrecht aufgehoben. Der Kirchenvorstand habe sich aber Ende 2000 dafür ausgesprochen, den Theologen auch im Ruhestand "gelegentlich" predigen zu lassen. Die jüngere Generation in der Gemeinde habe aber seine Predigten "zunehmend kritisch" betrachtet. Deshalb hätten Mitglieder des Kirchenvorstandes ihn um ein Gespräch gebeten. Danach habe Sauerzapf seine Predigttätigkeit zur Disposition gestellt und deutlich gemacht, daß er zu weiteren Gesprächen über Inhalte seiner Predigten nicht bereit sei. Die Vergabe des Kanzelrechts obliege allein den Gemeindepfarrern. In Gesprächen zwischen Dekan, Kirchenvorstand und den Pfarrern habe man dann versucht, den Konflikt zu begrenzen und Schaden von der Gemeinde abzuwenden.

Der Pressesprecher der Landeskirche, Pfarrer Karl Waldeck, sagte, die Kirchenleitung sei mit dem Konflikt nicht befaßt gewesen. Sie halte es für sinnvoll, auf Gemeindeebene zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. 


 
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