© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
"Marx ist für uns kein toter Hund"
Extremismus: Die Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung pflegen enge Kontakte zur extremen Linken
Claus-M. Wolfschlag

Das Bemühen um Anerkennung als seriöses Wissenschafts-Institut gehört zum Geschäft des "Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung" (DISS), vor allem um dadurch an öffentliche Geldmittel zu gelangen. Dennoch sind die Verflechtungen des unlängst in die Schlagzeilen geratenen Vereins mit der Szene der extremen Linken aufgrund der Quellenlage eindeutig und unwiderlegbar.

Das zentrale Moment der Arbeit des DISS ist dabei der "antifaschistische" und "antirassistische" Kampf gegen "völkisches" Gedankengut, das angeblich bis weit in die Mitte der deutschen Gesellschaft reiche. Dem diente auch die kürzlich vom DISS für das American Jewish Comitee (AJC) fertiggestellte Studie, die weiten Teilen der deutschen Presselandschaft die Verbreitung "antisemitischer" Ressentiments vorwarf. Die Ideologiezentrale DISS agiert dabei vielschichtig, die Einbindung in den linksradikalen Diskurs erschließt sich erst durch das Zusammenfügen der bruchstückhaft versteckten Fakten über das Agieren der maßgeblichen Träger des DISS. Hieraus ergibt sich ein Bild von dem weitreichenden Einfluß des DISS auf die linksgerichtete Szene.

Maßgeblicher Initiator des DISS ist der Duisburger Hochschulprofessor Siegfried Jäger, dessen ständiger Einsatz gegen "Rassismus" und "Rechtsextremismus" zugleich ein Kampf für die Umwandlung der bestehenden deutschen in eine demographisch völlig anders strukturierte, multi-ethnische Gesellschaft ist. Dadurch sollen weiterreichende egalisierende Gesellschaftsveränderungen und eine - wie er es 1989 in einem Interview mit der linksextremen Zeitschrift Der Rechte Rand ausdrückte - "wirkliche Demokratie" ermöglicht werden.

Wie diese "wirkliche Demokratie" aussehen könnte, kann man nur erahnen. Vor dem Fall der Mauer beklagte sich Jäger über Thesen wider die damalige deutsche Teilung: "Verschwiegen wird, daß dieser Zustand selbstverschuldetes Resultat des von Deutschland angezettelten Zweiten Weltkriegs ist. Das als Unglück zu verharmlosen (wie hätte denn das 'Glück' ausgesehen?) oder gar als Unrecht zu bezeichnen, was ein völkerrechtliches Unding ist, ist schon ein starkes Stück." Durch derartige Äußerungen und eine beharrliche Publikationsarbeit blieb Jäger interessant für ein potentiell deutschfeindlich eingestelltes Umfeld und nahm dankend Einladungen an, getreu seinem 1994 verbreiteten Motto: "Ich (...) gehe in jedes Medium hinein und reiß die Klappe auf."

Einige Beispiele: Vom 5. Mai bis 8. Juni 2000 veranstaltete in Bochum eine "Initiative 8. Mai" eine Veranstaltungsreihe zu "55 Jahre(n) Befreiung vom Faschismus und Krieg". In der veranstaltenden Bündnis-Initiative arbeiteten mehrere Gruppen der extremen Linken mit, darunter die VVN/BdA, das "Linke Netzwerk Bochum", die örtliche DKP und PDS. In dem Aufruf zu der Veranstaltungsreihe wurde die Bundesrepublik als ein stark von "Nazi"-Kadern durchsetztes Staatsgebilde dargestellt, daß sich einer Erinnerung an die Gewalttaten der NS-Zeit weitgehend verweigere und durch das Gedenken an "Stauffenberg und Konsorten" eine unzulässige "Trennung zwischen guten und bösen Nazis" vollziehe. Ziel dieser angeblich mangelnden Vergangenheitsbewältigung wären die Entsorgung einer effizienten gesellschaftlichen "Entnazifizierungspolitik" und die Vorbereitung auf eine neue, stärkere weltpolitische Rolle der Bundesrepublik. Der Aufruf endete mit den Worten: "Auch für den 8. Mai 2000 sollte darum gelten: Kein Frieden mit Deutschland!" Im Programm der Veranstaltungsreihe wurden als Referenten unter anderem der PDS-Bundestagsabgeordneter Wolfgang Gehrcke, der "orthodox-antifaschistische" Publizist Reinhard Kühnl und - für den 8. Juni - Siegfried Jäger mit einem Vortrag über die "Rechtsentwicklung der politischen Mitte" angekündigt.

Nach Angabe der Lokalzeitung Raumzeit fungierte Siegfried Jäger anläßlich der "2. Woche gegen Rassismus und Rechtsextremismus" vom 25. April bis 1. Mai 2001 als Referent beim "Fürther Bündnis gegen Rechts". Ziel der damaligen Aktionswoche sei die Verknüpfung von Kultur mit "Antifaschistischer Bildungsarbeit" gewesen. Das Bündnis bestände, laut Angabe der Zeitung, "aus Gewerkschaften, Parteien, Einzelpersonen und Autonomen Gruppen". Anhaltspunkte gibt es dabei für eine Beteiligung der PDS am "Bündnis" und an der Veranstaltungsreihe.

Jedenfalls meinte Heidi Müller, Kandidatin auf der Landesliste der PDS-Bayern zur Bundestagswahl, rückblickend zur beschriebenen Fürther Aktionswoche auf einer Internet-Seite der PDS Nürnberg: "Bei allen Veranstaltungen waren zahlreiche Gäste zu Gast. Es wäre aber wünschenswert gewesen, wenn auch unbekanntere Gesichter zu sehen gewesen wären. Leute, die eins unserer Faltblätter oder Plakate als Anlaß zum Besuch unserer Veranstaltung genommen hätten. Man kannte einander."

Ansichten der Normalbürger sind Extremismusfundament

Etwa 14 Tage später, im Mai 2001, trat Jäger in Berlin auf. Auf ihrer Internet-Homepage meinte PDS-Politikerin Petra Pau unlängst hierzu im Rückblick: "Prof. Siegfried Jäger, Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, war Referent und Diskutant auf der internationalen PDS-Konferenz 'Für eine tolerante Gesellschaft - gegen Rechtsextremismus und Rassismus'. Sie fand vor fast genau einem Jahr, am 12. und 13. Mai 2001, im Rathaus Schöneberg statt. (...) Prof. Jäger mahnt, das Thema nicht auf seine engere Begriffs-Welt - also Faschismus, Rechtsextremismus und Rassismus - zu beschränken. Sondern viel gründlicher in den Blick zu nehmen, was sich drumherum rankt und viel breiter wirkt, als bei einem rechtsextremen Aufmarsch offenbar wird. Ich spitze bewußt, aber mitnichten fahrlässig zu: Vieles von dem, was bei Rechtsextremen zum Exzeß gedacht und gebracht wird, hat sein Fundament in weit verbreiteten Ansichten im 'Normal-Volk'. Und es wird befördert. Jäger zählte dazu alles, was die Bürgerinnen und Bürger zu absoluter Loyalität dem Staat gegenüber veranlaßt (...)"

Verbindungen zwischen DISS und PDS finden sich auch an anderen Stellen. Zu den Mit-Autoren in Publikationen Jägers gehört der Kölner Gesellschaftswissenschaftler Christoph Butterwegge, der in seinen Verlautbarungen latent antinationale Positionen mit neomarxistischen Ideeneinsprengseln verbindet. Konsequenterweise begegnete man Butterwegges Namen des öfteren im Zusammenhang mit Tagungen der PDS bzw. PDS-naher Organisationen. Die JUNGE FREIHEIT berichtete vor Jahren von seinem Auftreten auf einem Antirassismuskongreß der Partei 1992 in Berlin und auf einer Tagung der PDS-Bundestagsgruppe 1998 in Marburg. Auf der Internet-Seite der Rosa-Luxemburg-Stiftung findet man ein Foto von Butterwegge als Referent bei der Kölner Tagung der Stiftung unter dem Motto "Kommen und bleiben. Migration und interkulturelles Leben in Deutschland" im Mai dieses Jahres.

Die Ausgabe 8/1998 der Zeitschrift Antifaschistische Nachrichten kündigte DISS-Mitarbeiter Helmut Kellershohn als Teilnehmer einer im Mai 1998 stattfindenden Konferenz der PDS-Bundestagsgruppe in Nürnberg an. Kellershohn, der sich 1994 mit einer Publikation gegen die JUNGE FREIHEIT zu profilieren versuchte, trat auch als Autor des 1984 aus dem Spektrum des "Bund Westdeutscher Kommunisten" entstandenen und im GNN-Verlag erscheinenden Blattes hervor.

Seit Anfang der neunziger Jahre tauchte ein weiterer DISS-Mitarbeiter bei den Antifaschistischen Nachrichten auf: Martin Dietzsch, Jahrgang 1958, Ko-Autor bei Publikationen Siegfried Jägers, gehört zum Herausgeberkreis der Zeitschrift. In einer Anfang 1993 veröffentlichten Einladung zum 1. Treffen des neuen Herausgeberkreises im Leverkusener "Karl-Liebknecht-Haus" hieß es: "Wir sind an einer Zusammenarbeit aller antifaschistischen Kräfte interessiert. Die Antifaschistischen Nachrichten sind ein Mittel, den Dialog zwischen uns zu fördern." Seitdem findet sich Dietzschs Name im Impressum unter anderem neben Personen wie Jörg Detjen, Mitglied des Bundesvorstandes des Bundes Westdeutscher Kommunisten, später: "Forum kommunistischer Arbeitsgemeinschaften", Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der PDS oder Volkmar Woelk von der VVN/BdA. Im Herausgeberkreis gaben sich außerdem die "Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR)", das "Anti-Imperialistische Forum Deutschland" oder die "AG Antifaschismus/Antirassismus" in der PDS Nordrhein-Westfalen ein Stelldichein.

Ebenfalls ohne linke Berührungsscheu agiert DISS-Mitarbeiter Alfred Schobert, der sich vor allem durch den Redeeinsatz gegen Gruppen aus dem "Dark Wave"- und Esoterikbereich hervorgetan hat. Des öfteren trat er vor Anhängern der "autonomen" Szene auf. Erst dieser Tage kündigte ein "Autonomes Antifaprojekt an den Aachener Hochschulen" einen Vortrag Schoberts in der Aachener Buchhandlung Backhaus am 2. Juli zum Thema "Jugend im Visier" an. Zum Ablauf wurde auf der betreffenden Internet-Seite erklärt: "Für alle Veranstaltungen des Antifa-Projekts gilt, soweit nicht anders angegeben: Rassisten, Sexisten, Faschisten fliegen raus. Uniformträger jeder Art sind unerwünscht (insbesondere farbentragende Verbindungsstudenten und Burschenschafter)". Das scheint der Stil bei vielen Schobert-Vorträgen. Daß ein offener Diskurs nicht eingeplant ist, mußten auch Besucher eines Schobert-Vortrags im Juli 1997 im Mainzer "Haus Mainusch" erkennen. Als dort nach einem Gerangel mit dem anwesenden "Dark Wave"-Sänger Josef Klumb von diesem und seinen Begleitern die Polizei gerufen wurde, fand jene nur noch ein verlassenes Haus vor. Die "autonomen" Besucher der Veranstaltung und Referent Schobert waren geflüchtet.

Schobert entwirft das Selbstbild des Mahners, des Hüters der "Wave"- und Esoterikszene angesichts drohender Unterwanderungsversuche von "außen", vom "Rechtsextremismus". Schoberts Intention dürfte jedoch weniger im Schutz der "authentischen" Szene als in der politischen Instrumentalisierung via "Säuberung" von jenen Kräfte liegen, die sich linksradikalen Vereinnahmungsversuchen als zu resistent erweisen dürften. Schon 1993 erklärte er in einem Leserbrief an die Frankfurter Rundschau, daß er es für nötig halte, die "Legitimationsstrategien der Neuen Rechten" zu "durchkreuzen". Er forderte "kreative Nachahmer", die sich "an die Fersen" bekannter rechtsgerichteter Denker "heften" sollten. Er fand sein Arbeitsfeld schließlich im überschaubaren Rahmen der "Dark Wave"- und Esoterikszene.

Ungenehme Journalisten zum Schweigen bringen

In der Zeitschrift Hagal, Ausgabe 1/99, schildert ein Zeuge den Besuch eines Schobert-Vortrags und kritisiert Schoberts Argumentation als unwissenschaftlich und demagogisch. Er kommt zu dem Fazit: "Minimale Personalunionen zwischen nicht-'antifaschistischen' Publikationen stellen gleich ein 'faschistisches Netzwerk' dar, das Schobert gar als transatlantisch skizziert. (...) Sein Vortrag - ohne Bildmaterial, ohne wissenschaftliche Quellenangabe, ohne deutliche Struktur - hat mehr die inneren Ängste und Ängstchen des Menschen Schobert als tatsächliche Begebenheiten in der äußeren Welt zum Inhalt."

Dennoch gelingt dem DISS-Mitarbeiter Schobert durch seine rege Vortrags- und Autorentätigkeit Stimmung bei unkritischen Besuchern und Lesern zu schüren. Das hierbei keine Gegenstimmen erwünscht sind, zeigte eine im Mai 1999 in Leipzig geplante Podiumsdiskussion mit Schobert zum Thema "Die braune Flut?". Als Schobert erfuhr, daß auf dem Podium auch der von ihm angegriffene Musiker Josef Klumb Platz nehmen sollte, um dort seinen Standpunkt darzulegen, hätte er - laut Presseangaben - empört seinen Auftritt abgesagt, den Veranstaltern gedroht und ihnen "Liebäugeln mit Faschisten" vorgeworfen.

Das DISS-Institut ist jedenfalls ein wichtiger Publikationslieferant für die "Antifa"-Szene. Von hier aus werden Kampagnen gestartet, die - wenn sie erst einmal auf der Ebene der "autonomen" Gewalttäter angekommen ist - zu unberechenbaren Reaktionen gegen "Faschos" und "Rassisten" führen können. "Marx ist für uns keineswegs 'ein toter Hund'", verlautbarte der Verein in einer Selbstdarstellung. Und das DISS ist durch seine recht dogmatisch vorgetragenen und stets gleich lautenden "antifaschistischen" Plädoyers gegen ethnische Kategorisierungen in der Politik intellektuell genausowenig interessant wie zahlreiche andere, in der "antifaschistischen Grauzone" agierenden Vereine, von wissenschaftlicherBedeutung ganz zu schweigen.

Eine der JUNGEN FREIHEIT vorliegende schriftliche Begutachtung des DISS aus dem Jahre 1996 kommt zu folgender Bewertung: "Mit der Behauptung, daß durch die Verbreitung kritischer Stimmen zu Themen wie Ausländerkriminalität oder Asylmißbrauch, auf direktem und indirektem Wege Gewalttaten gefördert würden, rückt man kritische Geister in die Nähe rechtsextremer und ausländerfeindlicher Gewalttäter. (...) der Versuch, unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit ihnen ungenehme Journalisten, Politiker und Wissenschaftler zum Schweigen zu bringen, zeigt durchaus Wirkung. Was auch immer das nach außen zur Schau getragene Ziel des DISS sein mag, tatsächlich handelt es sich um eine Einrichtung, die offensichtlich versucht, durch die Hintertür in einer anderen wissenschaftlichen Disziplin - der Sprachdisziplin - die von ihr gewünschte politische Korrektheit salonfähig zu machen."

Die Begutachtung schließt mit dem Fazit: "Das DISS ist genauso wie sein Leiter Siegfried Jäger eine eindeutig promarxistische Einrichtung. (...) Die Veröffentlichungen des DISS sind wissenschaftlich unseriös und defizitär."

Fototext: Kölner Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 24./25. Mai 2002 mit Christoph Butterwegge (am Mikrofon): "Rassisten fliegen raus"


 
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