© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/02 05. Juli 2002

 
PRO&CONTRA
Flugzeugbenzin besteuern?
Guenther Hubmann / Michael Erb

Wenn Menschen hätten fliegen sollen, dann hätte der Herrgott ihnen Flügel gegeben. Er hat es aber nicht. Der Schluß daraus ist nicht, daß wir nicht fliegen sollten, sondern daß im Himmel wie auf Erden zuerst einmal die Gesetze für alle gelten sollten. Doch, Politiker, die gerne mal für ein Fußballspiel durch die Welt fliegen, sehen den Himmel als die Domäne der noch ausbaufähigen Mobilität für den jeweiligen Standort: Für deutsche Politiker eben Deutschland.

Deshalb kann es kaum verwundern, daß die Technologie der unbegrenzten Räume und Träume durch höchst differenzierte und subtile Subventionen - sprich unter anderem auch die Kerosin-Steuerbe­freiung - bis ins Maßlose gefördert wird. Und dies trotz der bekannten Umweltzerstörung und der Lärmbelästigung.

Vergleicht man zum Beispiel die Umweltauswirkung aus der Verbrennung eines Liters Treibstoff bei gleicher Beförderungsleistung, so liegen die negativen Auswirkungen beim Flugzeug um einem Faktor vom eineinhalb- bis zum vierfachen über denen eines PKW. Da kann man rechnen wie man will, Flugzeuge sind unverhältnismäßig umweltzerstörender als PKWs - von der Bahn ganz zu schweigen.

Gäbe es vernünftiges und nachhaltiges Handeln seitens der Politik, wäre Flugkerosin schon seit Jahrzehnten besteuert und auch andere Vorteile, wie etwa die massive Subventionierung für den Ausbau der Regionalflughäfen, die den Flugverkehr einseitig fördern, wären nie entstanden oder schon lange wieder abgeschafft.

Deutschland stellt sich weltweit als das Land der nachhaltigen Politik dar. Um sich mit diesem Lorbeer schmücken zu können, müßten deutsche Politiker mit Mut und Visionen entsprechend vorbildlich handeln. Die Besteuerung des Flugkerosins wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.

 

Guenther Hubmann ist Sprecher und Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation "Greenpeace".

 

 

Zunächst einmal müssen wir voranschicken, daß Flugkraftstoff in Deutschland bereits hoch versteuert wird. So zahlen die cirka 60.000 Privatpiloten der sogenannten Allgemeinen Luftfahrt in Deutschland für den Liter Flugbenzin bereits über 1,60 Euro, also deutlich mehr als jeder Autofahrer.

Für die kommerzielle Luftfahrt gibt es hingegen weltweit eine Mineralölsteuerbefreiung, allerdings wird sie auch mit hohen Gebühren (zum Beispiel für Start und Landung, Flugsicherung, Wetterberatung) direkt belastet. Anders ist es beim Autofahrer, er zahlt Mineralölsteuer und dafür erlaubt ihm der Staat im Gegenzug ohne weitere Kosten die Straßenbenutzung.

Das Gros der Flugzeuge im kommerziellen Einsatz bedient internationale Strecken. Sie verbinden Frankfurt innerhalb von weniger als zwei Stunden mit London und Paris. Wie lange braucht hier die Bahn? Nach Paris sieben, nach London zehn Stunden. Für Geschäftsreisende als Hauptkunden auf diesen Strecken gibt es somit keinen Wettbewerb, den Steuern verzerren könnten: Die Bahn ist einfach zu langsam, um attraktiv sein zu können. Auch der deutsche Urlauber wird für seine Reise ans Mittelmeer oder nach Asien nur in die Bahn einsteigen, wenn ihn die Flugangst plagt.

Auf den zeitmäßig attraktiven innerdeutschen Strecken kämpft die Bahn hingegen mehr gegen sich selbst als gegen den Wettbewerb. Die Fernzüge leiden unter chronischen Verspätungen, Anschlußzüge fahren den Kunden deshalb allzu oft vor der Nase weg und zu Spitzenzeiten sind vor allem die ICE-Züge hoffnungslos überfüllt.

Sicherlich brauchen wir eine funktionierende Bahn in Deutschland und Europa, genauso dringend wie die anderen Verkehrssysteme auch. Aber es ist schon recht sonderbar zu behaupten, daß die wirtschaftliche Schieflage der Bahn darauf zurückzuführen ist, daß der kommerzielle Luftverkehr ihr die Passagiere abjagt.

 

Dr. Michael Erb ist Geschäftsführer des Verbandes der Allgemeinen Luftfahrt e. V. (AOPA).


 
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