© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/02 28. Juni 2002

 
Frisch gepresst

Machtzentralen. In der neuentstandenen Hauptstadt Berlin hat man sich in der Wahl der Regierungsgebäude teilweise historischer Liegenschaften bedient, sei es des mächtigen Wallot-Baus des Reichtages, des ehemaligen preußischen Herrenhauses als heutigen Bundesrat oder Hermann Görings Reichsluftfahrtministerium als Bundesfinanzministerium. Letzterem widmet sich ein aufwendiger Bildband aus der Reihe "Straßen, Plätze und Bauten Berlins" des Parthas Verlages. Unter der Regie des Landeshistorikers Laurenz Demps von der Berliner Humboldt-Universität wird das Gebäude und die Geschichte der Institutionen dieses zentralen Ortes an Leipziger Straße und Wilhelmsstraße beschrieben - vom Preußischen Kriegsministerium zur Reichsverwaltung über die Sowjetische Militäradministration zum "Haus der Ministerien" der DDR. Dabei steht naturgemäß der in der "Dritte-Reich-Architektur" unter Ernst Sagebiel konstruierte Bau im Vordergrund, der von seinem Auftraggeber Göring, Verantwortlicher auch für die Luftabwehr, vorsichtshalber schon in den dreißiger Jahren mit einer meterdicken Betondecke versorgt worden war. Diesem Umstand verdankt das heutige Finanzministerium überhaupt seine Existenz, da es trotz der Bombardements seit 1943 weitestgehend nutzbar geblieben ist (Bundesfinanzministerium. Ein belasteter Ort?, Berlin 2002, 131 Seiten, Abbildungen, 40 Euro).

Konzelmann. Fast wie am Fließband schreibt sich der frühere Arabienkorrespondent der ARD seinen Erfahrungsschatz, sein profundes Fachwissen der einschlägigen Literatur und die daraus gewonnenen Interpretationen über den Nahostkonflikt und den Islam von der Seele. Diesmal konzentriert er sich auf den moslemischen heiligen Krieg, den er als historische Kontinuität bis zu Mohammed zurückverfolgen will, nur unterbrochen durch die Zeit des Kolonialismus. Dabei erkennt er die Wurzeln der neuerstarkten wahabitischen Idee des Dschihad im heutigen Saudi-Arabien und nicht im Iran, welcher dennoch ein viel besseres "Reich des Bösen" darstellt. Konzelmann zieht eine direkte Linie von saudiarabischen Sippen zur al-Quaida, die weit umfangreicher ist, als die bekannten Familienbande des saudischen Multimillionär-Clans zu ihrem Sproß Osama bin Laden (Gerhard Konzelmann: Dschihad und die Wurzeln des Weltkonfliktes. Herbig , München 2002, 399 Seiten, 24,90 Euro).


 
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