© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/02 21. Juni 2002

 
Meldungen

Kulturkatastrophe an Samlands Küste

PINNEBERG. Der ökonomische Verfall und die soziale Atomisierung in der Exklave Nord-Ostpreußen kennzeichnen nicht nur den Alltag der russischen Bevölkerung, sie drohen auch die immer noch von den Zeugnissen deutscher Geschichte geprägte Kulturlandschaft in Niemandsland zu verwandeln. Mit zwei knappen Reportagen aus dem Seebad Cranz (Selenogradsk) liefert Klaus Lunau anschauliche Beispiele dafür, wie verheerend sich dieser Prozeß im kleinen vollzieht (Samländischer Heimatbrief, 154. Folge). Preußens ältestes Ostseebad (gegründet 1816) verfügt heute kaum noch über einen Strand, weil die russische Verwaltung keine Anstrengungen zum Küstenschutz unternahm, so daß der Sand ein Raub des Meeres geworden ist. Südöstlich von Cranz ist das Kurische Haff auf dem Vormarsch. Gelände, das im Lauf der letzten Jahrhunderte durch Trockenlegung gewonnen wurde, verwandelt sich in Sumpf. Mit dieser Ent-Kultivierung der Natur korrespondiert eine vandalistische Ent-Historisierung: Die westlich von Cranz beginnenden großen Gräberfelder, archäologische Denkmäler erster Ordnung, werden gleichermaßen ein Opfer von Grabräubern wie von Bauunternehmern, die dort Sand abbauen oder Datschen errichtet. Mittlerweile habe das Zerstörungswerk eine Dimension angenommen, die es nach Lunaus Einschätzung rechtfertige, von einer "überregionalen Kulturkatastrophe" zu sprechen.

 

Kieler Forscher schreiben den Aufschwung herbei

KIEL. Während die "Volksaktie" der Deutschen Telekom AG von Tiefstand zu Tiefstand purzelt und der für dieses Frühjahr prognostizierte Aufschwung an den Weltbörsen wieder einmal ausgeblieben ist, versprühen die Konjunkturforscher des Kieler Weltwirtschaftsinstituts Optimismus. Bereits im letzten Sommer hatte man im Hausorgan Die Weltwirtschaft für 2002 jene Zuversicht verbreitet, die augenblicklich nicht nur von den Aktienmärkten Lügen gestraft wird. Trotzig legt man nun an der Förde nach (Heft 1/02): gleich drei umfangreiche Studien riskieren geradezu euphorische Überschriften ("Weltwirtschaft erholt sich", "Konjunktur in Deutschland springt an" und "Euroland - Der Aufschwung beginnt"). Für Rot-Grün jedoch dürfte diese Entwicklung, so sie denn eintritt, auch nach den Kieler Prognosen zu spät kommen.


 
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