© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/02 21. Juni 2002

 
Die letzte Ruhestätte
Deutsche Sargindustrie in der Krise: Designer überlegen, wie Särge attraktiver werden können
Michael Waldherr

Die wirtschaftliche Situation der deutschen Sargindustrie ist schwierig. Seit Jahren sind die deutschen Sarghersteller durch Billigimporte aus Osteuropa einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt und haben große Mühe, ihre Unternehmen in einem vermeintlich todsicheren Markt auf Kurs zu halten. Überdies macht ihnen der konstante Rückgang der Sterbezahlen zu schaffen. 1990 lag die Zahl der Verstorbenen in Deutschland bei 921.000; im Jahr 2001 sank diese Zahl auf den vorläufigen Tiefpunkt von 820.000, so verlautbart der in Bonn ansässige Bundesverband Sargindustrie (BVSI).

Doch jener Verband weist seinen Mitgliedern einen Ausweg aus der Misere: die "Design-Offensive der deutschen Sargindustrie". Der Slogan klingt einleuchtend: "Individuell leben - individueller Sarg". Designer machten sich Gedanken, wie die Attraktivität des Sargs gesteigert werden könne: Neue Farben, auch grell und poppig, neue Formen, auch Märchenfiguren, sind angesagt. "Erst Form und Farbe in neuer Kombination - entsprechende Funktionalität vorausgesetzt - machen einen weiterentwickelten Auftritt und damit das neue Design aus", frohlockt BVSI-Präsident Bert Hassel.

Bei soviel Innovationen ist es beruhigend, daß Holz aus historischen und Umweltschutzgründen bei allen Gestaltungen der maßgebende Rohstoff für Särge bleibt. Die Aussage ist um so wichtiger, als der leicht kompostierbare Faltsarg aus Pappkarton, die sogenannte Peace Box, kurzfristig für Aufsehen in der Bestatterszene gesorgt hatte. Die deutsche Sargindustrie greift jetzt das ökologische Argument auf und betont: "Wir können mit der Verarbeitung des Werkstoffes Holz die Waldpflege bestens unterstützen und im Sinne der Nachhaltigkeit auch im umweltpolitischen Sinne das Richtige tun. Unser kontrolliertes Fachzeichen auf den Särgen bürgt im übrigen für Qualität und Umweltschutz." Das gibt doch ein gutes Gefühl.


 
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