© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/02 21. Juni 2002

 
Straßenumbenennung für Opfer des "17. Juni"
(JF)

BERLIN. Eine Prominenteninitiative ist zum 49. Jahrestag der Niederschlagung des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 am vergangenen Freitag mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten, bis zum 50. Jahrestag 2003 Straßen und Plätze in ganz Deutschland nach Aufständischen der damaligen antikommunistischen Erhebung zu benennen. In Mitteldeutschland trügen noch Hunderte von öffentlichen Orten Namen von Kommunisten und SED-Funktionären, dagegen erinnerten nur wenige Straßen an den 17. Juni. Zu den Unterzeichnern der Initiative gehören unter anderem Hans-Dietrich Genscher, Manfred Krug, Richard Schröder, Maybritt Illner, Günther Jauch, aber auch der Berliner Kultursenator Thomas Flierl.

Die Beteiligung des PDS-Politikers bewertet der Mitunterzeichner, Vorsitzende des Opfer- und Interessenverbandes "Vereinigung 17. Juni 1953" und Veteran des Volksaufstandes Manfred Plöckinger positiv: "Man muß der PDS eine Chance zur Aufarbeitung geben, wir werden sehen, ob sie es ehrlich meint."

Mit Verärgerung reagierte der Verein dagegen auf das Fernbleiben des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, von der offiziellen Gedenkfeier für die Opfer des 17. Juni am Montagvormittag auf dem Berliner Friedhof Seestraße. Das sozialdemokratische Stadtoberhaupt hat damit mit einer Tradition gebrochen: Seit fast einem halben Jahrhundert erweist der Regierende Bürgermeister den Gefallenen des Aufstands alljährlich die Ehre. "Wir sind erstaunt, daß er es tatsächlich gewagt hat, fernzubleiben", kommentierte Plöckinger Wowereits Affront. Das Büro des Regierenden Bürgermeisters gab auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT als Grund einen "persönlichen Trauerfall" an. Die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert, die Wowereit vertrat, ließ dagegen die Gedenkversammlung über Wowereits Gründe im Unklaren.

Vertreter des Bundes und des Landes, darunter Wolfgang Thierse und Otto Schily, legten Kränze nieder. Abgesehen von den Veteranenverbänden boykottierten wie bereits im vergangenen Jahr die übrigen Opferverbände der kommunistischen Gewaltherrschaft die Veranstaltung aus Protest gegen die SPD/PDS-Regierungskoalition in Berlin. Lediglich einige wenige Demonstranten prangerten vor dem Friedhof auf Transparenten den neuerlichen rot-roten Händedruck an.

Für die "Vereinigung 17. Juni" hatte allerdings "die Ehrung der toten Kameraden Vorrang vor dem Protest gegen die in der Tat schwer erträglichen politischen Verhältnisse in Berlin". Der Pressesprecher des Verbandes, Claus-Wolfgang Holzapfel, richtete allerdings auch Vorwürfe an die Adresse der CDU: "Die Union mahnt immer wieder, den 17. Juni nicht zu vergessen. Statt auf andere zu zeigen, sollte sie sich lieber selbst an die Nase fassen. Nur ein Beispiel: Im Bayernkurier dieser Woche findet sich keine einzige Zeile des Gedenkens." Dagegen hatte sogar das Neue Deutschland eine zweispaltige Meldung mit Bild gebracht.


 
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