© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/02 07. Juni 2002

 
Die Sozialisten mit ungewisser Zukunft
PDS: Eine Studie über die Sozialisten im Wahljahr 2002 deckt Schwächen auf
Alexander Barti

In einer kurzen, aber schonungslosen Analyse der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung untersucht Michael Chrapa die "Stärken und Schwächen der PDS im Wahljahr 2002".

Eingangs stellt Chrapa fest, daß die Sozialisten in der Bundesrepublik angekommen seien, um daraus zu folgern, daß es auch "für sie kein Naturgesetz ständig größerer Wahlerfolge" gäbe. "Um so mehr ihre Repräsentanten hineingewählt wurden in die sogenannte Verantwortung, um so mehr stellt sich für die Wähler die Frage nach dem Gebrauchswert der PDS." Für Chrapa besteht überhaupt kein Zweifel an einer "verbreiteten Politik- bzw. Parteienverdrossenheit", die, verbunden mit einer großen Wählerfluktuation, auch die PDS beachten müsse. Er rät den Sozialisten daher dringend, "über den eigenen Politikstil nachzudenken" und nicht mehr "hypnotisch" auf die aktuellen Umfrageergebnisse zu starren, da die Wahlen bis zuletzt "offen" seien; außerdem müsse die Illusion über den stabilen "Stammwählerbestand der PDS" zu Grabe getragen werde.

Im Vergleich zu den vorherigen Bundestagswahlen 1994 und 1998 erkennt Chrapa eine veränderte Situation, vor allem hinsichtlich der "sozialen Frage", die von keiner etablierten Partei glaubhaft beachtet werde. "Eine Orientierung auf ein Bündnis mit der SPD erscheint in diesem Zusammenhang in doppelter Hinsicht falsch". Ein Bündnis mit der SPD sei daher falsch, weil außerdem zusätzlich die Gefahr bestünde, daß die "PDS in den Abwärtstrend der SPD geraten" könnte und für ein Projekt "mit abgestraft werde, daß sie selbst nicht trägt und auch nicht getragen hat. Obwohl sie von der SPD weit links liegen gelassen wurde, würde sie dann die Quittung für deren Mitte-Rechts-Politik bekommen."

Ganz düster wird Chrapas Analyse, wenn er davor warnt, den "Rechten" das politische Feld zu überlassen: Der "rechtsnationalistische und rechtskonservative bis rechtsextreme Populismus" beziehe seine Stärke vor allem daraus, "daß er ignorierte Positionen gerade der 'einfachen Leute' zur Sprache bringt, Positionen, die der elitäre Konsens der Sachzwänge und politischen Korrektheit verdrängt hat". Die Stammwählerschaft der PDS liege allenfalls bei 50 Prozent des erzielten Stimmenanteils - ein gesicherter Platz im Bundestag sei also noch lange nicht erreicht. Um sicher die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, müsse die PDS ihr Profil schärfen und erkennbar sein in bezug auf die Sorgen und Nöte der "einfachen" Leute. Außerdem bemängelt Chrapa die politischen Kampagnen der PDS, weil sie nicht mit einer klaren, erkennbaren Botschaft wahrnehmbar seien.

Als strategische Marschrichtung empfiehlt Chrapa eine sogenannte "Mitte-Unten-Option", was als "neues politisches Kräfteverhältnis bei der Gestaltung sozialer Sicherheit und Gerechtigkeit" übersetzt wird. Die "Mitte-Unten-Option", auch als "Soziale Mehrheit" bezeichnet, soll ein "breites Aktionsbündnis verschiedenster Akteure (zum Beispiel Gewerkschaften und Kirchen)" umfassen, um schon vor dem engeren politischen Raum Mehrheiten zu ermöglichen.

 

Michael Chrapa: Stärken und Schwächen der PDS im Wahljahr 2002. Zu beziehen über die Rosa Luxemburg Stiftung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Tel.: 030 / 29 78 11 27, Fax: 030 / 29 78 11 22, Internet: www.rosaluxemburgstiftung.de 


 
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