© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/02 07. Juni 2002


Frankfurter Kniefall
von Carl Gustaf Ströhm

A nläßlich ihres Forums "Fazit: Europa" hatte die alte Tante FAZ die Kühnheit, Jörg Haider zu einem Vortrag über den "Aufstieg des Rechtspopulismus in Europa" einzuladen. Der FPÖ-Politiker und Landeshauptmann von Kärnten sollte am 5. Juni in Berlin die Frage beantworten, "Was stört die Europäer an Europa?". Zwischen biederen Christdemokraten wie Schäuble, Merkel oder Italiens Europaminister Buttiglione nahm sich Haiders Name als Sensation aus, nachdem der ursprünglich eingeladene Niederländer Pim Fortyun am 6. Mai ermordet worden war. Der österreichische "Gottseibeiuns" wäre nun der einzige gewesen, der die Zuhörer hätte vom Stuhle reißen können.

Doch es kam anders: die FAZ bekam es mit der Angst zu tun und lud kurz vor Beginn der Veranstaltung Haider wieder aus, nachdem Außenminister Fischer - wegen Haiders Teilnahme - seinen Auftritt abgesagt hatte. FAZ-Begründung: Haider habe sich "auf unakzeptable Weise über den deutschen Außenminister Joseph Fischer geäußert". Der FPÖ-Altobmann hatte nämlich besagten Joschka in Zusammenhang mit dem Begriff "Terrorismus" gebracht - eine Anspielung auf die bewegte straßenkämpferische Vergangenheit des grünen Vizekanzlers. Daß ausgerechnet die als bürgerlich geltende FAZ sich zur Ehrenretterin für den einstigen "Putztruppen"-Chef aufschwingt, entbehrt nicht der Ironie. Der beleidigte Joschka hat nämlich bis in die jüngste Vergangenheit selber kräftig ausgeteilt. Doch Fischer ist bisher noch niemals ausgeladen worden - und ist inzwischen Teil des Establishments.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen