© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
Frisch gepresst

Endlösung in Ungarn. Bemerkenswert ist die große Medienresonanz, auf die das Buch über den "Mord an den ungarischen Juden" trifft, das vom Autorenduo Götz Aly und Christian Gerlach vorgelegt wird. Bemerkenswert, weil kein

Fakt, den die beiden über die deutsche Besetzung des zeitweiligen alliierten Horthy-Staates mitteilen, zeithistorischen Neuigkeitswert beanspruchen kann. Eine bekannte Geschichte wird also nur im Auftrag eines großen Publikumsverlages reproduziert. Da die Linksliberalen Aly und Gerlach für ihren zeitgeistkonformen eigenwilligen Umgang mit Quellen beinahe schon berüchtigt sind, konnte überdies auch nicht ausbleiben, daß es selbst geistesverwandte Rezensenten wie Michael Wildt in der Zeit (vom 8. Mai) schon sehr befremdlich fanden, daß die Sprachbarriere die beiden Autoren gezwungen habe, "den ungarischen Part weitgehend aus deutschen statt aus Originalquellen zu erschließen". Das, was für den deutschen Leser also wirklich neu gewesen wäre, haben Aly und Gerlach also nicht entziffern können. Noch Fragen? (Christian Gerlach/Götz Aly: Das letzte Kapitel. Realpolitik, Ideologie und der Mord an den ungarischen Juden 1944/45. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2002, 482 Seiten, 35 Euro).

Tod in Prag. Nachdem sich der badische Publizist Hellmut Haasis 1999 bereits dem verhinderten Hitlerattentäter Georg Elser widmete, geht er diesmal einem anderen Attentat auf eine NS-Größe nach. Am 27. Mai 1942 wurde der "Reichsprotektor für Böhmen und Mähren" und Gründer des Reichsicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich, von in England ausgebildeten und von Edvard Benes instruierten tschechischen Partisanen mit einer Handgranate ins Jenseits befördert. Darauf wurden nicht nur die Attentäter, die im besetzten Prag ohnehin auf verlorenem Posten standen, verfolgt und exekutiert, sondern auch ihre Hintermänner, die ihnen von ihrem Fallschirmabsprung bis zum Attentat Unterschlupf geboten hatten. Dabei ist die von Hitler befohlene "Strafaktion" gegen das Dorf Lidice, 20 Kilometer westlich von Prag, die bekannteste Folge. Haasis Schlußfolgerung einer breit angelegten tschechischen Partisanenbewegung im "Protektorat" ist allerdings ebenso wenig wissenschaftlich haltbar wie sein "Psychogramm" des "blonden Henkers" und SS-Führers Heydrich (Tod in Prag. Rowohlt, Hamburg 2002, 215 Seiten, 19,90 Euro).


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen