© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
Erbauliches auf einem sinkenden Schiff
In der Schriftenreihe Respondeo geht Walter Hoeres neueren Tendenzen im Katholizismus auf den Grund
Alexander Barti

Die Katholische Kirche in Deutschland liegt darnieder - trotz aller offiziellen Erfolgspropaganda Kardinal Lehmannscher Provenienz. Immer weniger Gläubige besuchen die Messe regelmäßig, und wenn man sie nach einzelnen Glaubenswahrheiten fragt, sieht es düster aus: Ob Gottessohnschaft Jesu, seine tatsächliche Gegenwart in der heiligen Hostie oder die unbefleckte Empfängnis Mariens - viele können mit diesen Dogmen nichts mehr anfangen. Es konnte soweit kommen, weil der Glaube nicht mehr richtig gelehrt wird, schreibt der renommierte Theologe Walter Hoeres in der von Johannes Bökmann gegründeten Schriftenreihe Respondeo.

In der "Theologischen Blütenlese" (Nr. 12 der Schriftreihe) macht sich Hoeres auf, die Stoßrichtung der Neuen Theologie zu ergründen, die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) in die Altarräume vorstieß. Hoeres nimmt theologische Werke unter die Lupe, um die "anthropozentrische Wende" zu verdeutlichen. Zum Beispiel, wenn er den "Demokratismus für alle Bereiche des menschlichen Lebens" verurteilt, weil er die Hierarchie der Kirche angreife. Im Visier hat Hoeres dabei Ernst Leuningers "Wir sind das Volks Gottes. Demokratisierung in der Kirche" (1992), in dem der "Hort vergangener Herrschaftsformen" - gemeint ist die Kirche - zugunsten von mehr Mitbestimmung überwunden werden soll. Ein Forderung, die für Hoeres pure Sozialromantik ist, geprägt von den Frankfurter Heften Walter Dirksscher und Eugen Kogonscher Prägung, die die metaphysische Dimension des Glaubens zu einer "selbstbestimmten" Betriebszugehörigkeit zu einem Sozialverein degradiert haben.

Theologisch leichtere Kost bekommt der Leser in den "Kirchensplittern" (Nr. 13), in denen Hoeres sich als präziser Beobachter diverser Gottesdienste präsentiert. Seidem eifrige Vertreter der Amtskirche sich daran gemacht haben, aus der "Drohbotschaft" des Evangeliums eine "Frohbotschaft" zu machen, sei der Lächerlichkeit Tür und Tor geöffnet: Mit der erzwungenen Lustigkeit komme es zu jener "Mischung aus Krampf und Peinlichkeit, die das wirksamste Mittel ist, die Leute aus der Kirche zu treiben." Denn was gäbe es Peinlicheres, fragt Hoeres, als einen Priester, "der angetan mit den heiligen Gewändern urplötzlich albern wird oder sich wie ein zudem noch schlechter Conferencier benimmt?" Die aufgezählten Beispiele bestätigen den Jammer eindrucksvoll, falls der Leser nicht selbst auf einen schauerlichen Fundus eigener Erfahrungen "witziger" Pastoralreferentinnen zurückgreifen kann.

In seinem vorläufig letzten und zugleich umfangreichsten Band (Nr. 14) versucht sich Hoeres mit einer vorsichtigen Abschätzung "Zwischen Diagnose und Therapie". In zahlreichen Beispielen stellt er die neue Messe dem ehrwürdigen tridentinischen Ritus entgegen und zeigt dabei anschaulich den gravierenden theologischen Unterschied, der in beiden Riten zum Ausdruck kommt.

In allen drei Bändchen kann man Hoeres gewisse Sympathien für die von Erzbischof Lefèbvre gegründete "Priesterbruderschaft hl. Pius X." anmerken, indem er sein Unverständnis für die Ausgrenzung dieser Gemeinschaft zum Ausdruck bringt - obwohl sich die Amtskirche ansonsten in einem geradezu wahnhaft übersteigerten Ökumenismus allen möglichen Religionsgemeinschaften an die Brust wirft. Walter Hoeres "Antworten" sind für alle theologisch Interessierten publizistische Leckerbissen - und für all diejenigen, die noch wirklich katholisch sein wollen, eine Quelle der Labsal.

Walter Hoeres: Theologische Blütenlese. Werke der anderen Theologie (Nr. 12), 180 Seiten, 10 Euro; Kirchensplitter. Streiflichter der Krise, Gottesdienst als Spaß (Nr. 13), 86 Seiten, 6 Euro; Zwischen Diagnose und Therapie (Nr. 14), 323 Seiten, 12 Euro. In: Respondeo, theologische Schriftenreihe, Franz Schmitt Verlag, Siegburg, 2001.


 
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