© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
Zeitschriftenkritik: Echt
Fremde im Land
Werner Olles

Die vierteljährlich mit einer Auflage von 1.100.000 Exemplaren erscheinende Zeitschrift Echt wird herausgegeben im Auftrag der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) und jedem Haushalt kostenlos zugeschickt, in dem mindestens eine Person wohnt, die der Kirche angehört. Wer sich bis jetzt noch fragte, warum gerade Protestanten seit Jahren ihrer Kirche in Scharen davonlaufen, während die Zahl der "fahnenflüchtigen" Katholiken weit geringer ist, weiß spätestens nach der Lektüre von Echt, was den Unmut und Ärger vieler evangelischer Gläubiger hervorruft.

"Fremde im Land" lautet das Thema des Heftes 1/2002. Bereits im Editorial verkündet der Redaktionsleiter scheinbar apodiktisch, daß "Fremde in Deutschland seit langem Kultur wie Nachbarschaft bereichern", und "wir werden uns auf einen langen Prozeß einlassen müssen (und) gegen unsere Vorurteile kämpfen." Über den "heiligen Brauch und die religiöse Pflicht der Gastfreundschaft" doziert ein weiterer Autor, um schließlich in den Jubelruf "Schön, daß ihr da seid" auszubrechen und den deutschen Spießer dahingehend zu belehren, beim Besuch der indonesischen Nachbarn, um die heilige Gastfreundschaft ja nicht zu verletzen, auch den gegrillten Hund nicht zu verschmähen.

Echt bemüht aber auch die Wissenschaft in Gestalt eines Psychologen, der uns treuherzig aus randloser Brille anblickend, versichert, daß "Fremdenangst aus sozialwissenschaftlicher Sicht das Ergebnis eines Erziehungsprozesses (ist)". Zwar ist das naturwissenschaftlich seit Konrad Lorenz längst widerlegt, aber leider haben Ideologien - auch wenn sie noch so verquer sind - im Gegensatz zu Lügen lange Beine. Sämtliche Lehrerverbände auf den Plan rufen sollte jedoch die an Lebensfremdheit kaum noch zu übertreffende Aufforderung, "in Schulen mit hohem Ausländeranteil müßten die Lehrer dies vielmehr als Chance begreifen und den Schülern die Kulturen ihrer Banknachbarn näherbringen".

Eine "hoffentlich fruchtbare Konkurrenz unter den Religionen" wünscht sich auch Kirchenpräsident Steinacker und sorgt sich um die "wirtschaftliche Leistungskraft und unsere sozialen Standards", die ohne "Menschen aus anderen Ländern" nicht zu halten seien. Kein Wort davon, daß die Arbeitslosenquote bei Ausländern weit mehr als doppelt so hoch ist wie bei Deutschen, und daß der Anteil der Ausländer bei Sozialhilfeempfängern inzwischen bei etwa 30 Prozent liegt, also dreimal so hoch ist wie ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Daß arbeitsmarkt- und wirtschaftpolitisch für die nächsten beiden Jahrzehnte kein Einwanderungsbedarf besteht, ist für echt kein Thema.

Am überraschendsten ist jedoch, daß in einer offiziellen Mitgliederzeitschrift der Evangelischen Kirche kein einziges Mal von Gott und vom christlichen Glauben die Rede ist. Daß das Christentum nicht die Menschenrechte und die angeblich "Schwachen", sondern die Wahrheit vertritt und ihm eben deshalb soviel Haß entgegenschlägt, sollte sich aber auch bei evangelischen Kirchenoberen langsam herumgesprochen haben.

Anschrift: Hölderlinstr. 16, 60316 Frankfurt am Main


 
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