© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
Es geht um das Schicksal der Völker
Nation, Union, Imperium: In der kommenden Woche beginnt die JF mit einer dreiteiligen Serie von Günter Zehm
Thorsten Thaler

Für den Schriftsteller und frischgekürten Nationalpreisträger Günter de Bruyn sind Nationen auch heute noch "das Bestimmende in Europa". In einem Zeitungsinterview erklärte er dieser Tage, die Renaissance der Regionen, der Heimat, stärke "das Selbstgefühl von Menschen, die sich durch das Aufgehen in einem als abstrakt empfundenen vereinten Europa bedroht fühlen".

Dieser Rückbesinnung auf nationale Traditionen steht jedoch auch eine gegenläufige Tendenz gegenüber: die geplante Ausdehnung der Europäischen Union mit dem Wegfall von Grenzen und der Abtretung nationaler Souveränitätsrechte an überstaatliche Institutionen. Dahinter scheint das langfristige Konzept eines europäischen Superstaates auf, der sich von der Atlantikküste bis zum Ural, vom Nordkap bis nach Anatolien erstreckt. In diesem Prozeß des Zusammenwachsens fällt Deutschland mit seiner geographischen und geopolitischen Mittellage nahezu zwangsläufig eine herausgehobene Rolle zu. Um so bemerkenswerter ist das Fehlen jedweder Visionen, die Ideenlosigkeit jenseits tagesaktueller Antworten, mit der hierzulande grundlegende Fragen diskutiert werden. In welchem Raum und in welcher Ordnung wollen wir Deutsche, wollen die Europäer künftig leben? Wie können die Menschen sich ihr regionales Heimatbewußtsein und ihre nationale Identität in einem europäischen Großreich bewahren? Wie ist es um ihre Sicherheit und ihre Freiheit bestellt?

Diesen Fragen widmet sich der Philosophie-Professor und Publizist Günter Zehm in einer dreiteiligen Serie, mit der die JUNGE FREIHEIT in der kommenden Woche beginnt. Von den Imperien der Antike über das religiös aufgeladene Mittelalter bis zu den klassischen Nationalstaaten des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts spannt Zehm den Bogen seiner Betrachtungen. Der weite Horizont ermöglicht ihm ein ebenso profundes Urteil wie eine überraschende Schlußfolgerung.

"Es geht bei der großen Bewegung, die sich beschleunigt, nicht um das Schicksal dieses oder jenes Volkes, sondern um das Schicksal der Völker, ja des Menschen schlechthin", hielt Ernst Jünger in seinem 1960 erschienenen Buch "Der Weltstaat" fest.

In welcher Lebensform die Menschen am ehesten der Apokalypse entgehen können, darauf sucht auch Günter Zehm in seiner Artikelfolge von der nächsten Ausgabe an eine Antwort.


 
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