© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
WIRTSCHAFT
Ökoverseuchte Biohähnchen
Bernd-Thomas Ramb

Die Nobelmarke "biologische Tierhaltung" hat einen tiefen Kratzer bekommen. Ein Öko-Hühnerhof in Niedersachsen ist eines Delikts überführt, der eigentlich nur der verteufelten Massentierhaltung unterstellt wurde. Im Futterweizen des ungequält gehaltenen Federviehs wurde das Unkrautmittel Nitrofen nachgewiesen, das im Verdacht steht, Krebs und Mißbildungen hervorzurufen. Der Futterweizen stammt ebenfalls von einem Ökobetrieb, der 100 Tonnen der vergifteten Ware im letzten Jahr ausgeliefert hat. Der Großteil dürfte bereits verfüttert und über das Schlachtgeflügel in die Körper gesundheitsbewußter Ökokunden gelangt sein. Die Verbraucherschutzministerin ist naturgemäß entsetzt - hoffentlich auch über den Kollegen des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, der bereits im März den Warnhinweis eines privaten Analyselabors erhielt, aber erst jetzt handelte.

Der Skandal zeigt zweierlei. Erstens dürfen sich die konventionellen Bauern bestätigt fühlen, die schon früh vor einer Überschätzung des Bio-Etiketts gewarnt hatten. Schließlich unterliegen auch ihre Betriebe einer - wie es nun scheint, strengeren - Lebensmittelkontrolle. Zweitens zeigt sich wieder einmal, daß - gerade staatlich provozierte - Hysterie zu unseriösen bis kriminellen Geschäften verleitet. Die Vision vom biologisch wertvolleren Hähnchen zieht dem beunruhigten Verbraucher leicht das Geld aus der Tasche. Den überzogenen Preis zahlt er jedoch nicht nur für seine Gesundheit oder seine tierfreundliche Haltung. Er verläßt sich auch blind auf die propagierte Redlichkeit der angeblich idealistischen Produzenten - und erspart sich so die Kosten eigener Überlegungen und Prüfungen. Diese Dummheit nutzen Öko-Betrüger eiskalt aus.


 
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