© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/02 31. Mai 2002

 
Der Verband muß zur Ruhe kommen
Studentenverbindungen: In Eisenach fand der alljährliche Verbandstag der Deutschen Burschenschaft statt
Christian Roth

Am Ende waren sich alle einig: Friedlich sei es gewesen - und fröhlich. Der alljährliche Verbandstag der Deutschen Burschenschaft (DB) vermochte die Gemüter diesmal nicht zu erhitzen. Weder in Eisenachs Innenstadt, wo nur vereinzelt selbsternannte Antifaschisten auftauchten, noch in der Werner-Assmann-Halle, in der die 120 aktiven Korporationen aus Deutschland und Österreich in der vergangenen Woche ohne ausufernde Emotionen diskutierten.

Die von vielen befürchtete und von einigen wohl auch insgeheim beschworene Spaltung des Bundes ist ausgeblieben, und am Ende der Verhandlungen wurde die Vorsitzende Wiener akademische Burschenschaft Albia mit stehenden Ovationen entlastet. Sie war vor einem Jahr für die Burschenschaft Teutonia Regensburg in die Bresche gesprungen, nachdem diese im Zusammenhang mit den sogenannten "Münchner Vorfällen" ins Visier der Medien und der Staatsschützer geraten war. Doch weder dem Regensburger Bund noch der Münchner Burschenschaft Danubia konnte ein Fehlverhalten nachgewiesen werden, wie die ausführlichen verbandsinternen Untersuchungen ergaben. Zudem seien alle polizeilichen Ermittlungen gegen die beiden Bünde ergebnislos eingestellt worden.

Diese Feststellung sorgte maßgeblich dafür, daß die Tagung ungewöhnlich kurz und harmonisch verlief: "Der Dachverband muß irgendwann auch mal zur Ruhe kommen", kommentierte DB-Pressesprecher Karsten Rausch den Verlauf, nachdem in den vergangenen Jahren stets Debatten über die politische Ausrichtung und die finanzielle Situation im Vordergrund standen. "Großartige politische Beschlüsse sind nicht gefaßt worden. Viele Anträge sind bereits vor Beginn zurückgezogen oder aus formellen Gründen nicht zugelassen worden", meinte denn auch Franco Andolfo, der Sprecher der Vorsitzenden Burschenschaft Albia, die Anfang Juli von der Stuttgarter Burschenschaft Hilaritas abgelöst wird.

Neben dem Bekenntnis zu einem wieder stärkeren Engagement an den Hochschulen stand eine ausführliche Debatte zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf der Tagesordnung, bei der sich Befürworter und Gegner internationaler Kampfeinsätze der Bundeswehr wie in Afghanistan sowie in der Diskussion um die Einführung einer Berufsarmee die Waage hielten. "Ungeachtet der unterschiedlichen Positionen hat die Debatte aber gezeigt, daß der Wunsch der Burschenschafter, für ihr Vaterland einzustehen, nach wie vor ungebrochen ist", so Andolfo. "Die Tradition in Deutschland ist für die Schaffung einer Berufsarmee allerdings nicht geeignet", unterstrich DB-Pressesprecher Rausch und erneuerte die Forderung nach einer "allgemeinen Dienstpflicht" für alle jungen Männer und Frauen, um die Wehrgerechtigkeit wiederherzustellen.

Die wichtigste Erkenntnis der fünf Eisenacher Tage war zweifelsohne die gewachsene Akzeptanz des Dachverbandes bei der Eisenacher Bevölkerung. Die Gegendemonstrationen blieben sehr zur Freude von Oberbürgermeister Gerhard Schneider aus: "Die Stadtverwaltung hatte schon immer ein sehr gutes Verhältnis zu den Amtsträgern des Verbandes, der 1990 wieder in seine Heimat zurückgekehrt ist", meinte das Stadtoberhaupt, das am vergangenen Mittwoch ebenso wie der Landrat Martin Kaspari und der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl (Münchner Burschenschaft Arminia-Rhenania) anläßlich der 100-Jahr-Feier zum Bestehen des Burschenschaftsdenkmals auf der Göpelskuppe gesprochen hatte (siehe Dokumenation auf Seite 12). Zum anschließenden Bürgerfest strömten mehr als 2.000 Gäste und der DB-Vorsitzende Franco Andolfo zog ein durchweg positives Fazit: "Wir Burschenschafter fühlen uns in Eisenach einfach wohl." 


 
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