© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/02 24. Mai 2002

 
UMWELT
Natur und Hysterie
Volker Kempf

Vor 20 Jahren testete die Firma Procter & Gamble auf dem Berliner Markt ein Waschverstärkertuch. Dieses Tuch mit dem Namen "Top Job" wurde 1984 bundesweit eingeführt und forderte das Umweltbundesamt (UBA) zu einer Stellungnahme heraus. Denn das Tuch wasche nicht nur weißer als weiß, sondern belaste gegenüber herkömmlichen Waschmitteln die Umwelt zusätzlich. Stiftung Warentest unterdessen bezweifelte, ob das Tuch überhaupt eine besondere Wirkung habe.

Aber es nützte nichts: Es gab einen großen Medienwirbel. Boykottstimmung kam in Deutschland auf. Der Umsatz ging zurück. Daraufhin änderte die Firma die Marktstrategie, indem sie auf der Packung mitteilte, daß durch "Top Job" Waschmittel eingespart werden könnte. Und dies entlaste die Umwelt. Soll heißen: Es kommt darauf an, wie man das Tuch verwendet, ob zur zusätzlichen Reinigung oder zur gleichbleibenden Reinigung bei geringerer Umweltbelastung. Doch dabei blieb es nicht. Procter & Gamble ging gegen das UBA vor und verlangte Schadensersatz. Das Gericht entschied für das UBA. Denn so wie von der Firma ursprünglich empfohlen, hätte "Top Job" nachweislich die Umwelt zusätzlich belastet, so daß die Behörde nur ihrer Pflicht nachgegangen sei, genau hierüber zu informieren (Az: OVG I S. 22/81). Das UBA stellte von nun an aber für vergleichbare Fälle einen Verhaltenskodex auf. Hiernach muß ein Hersteller erst einmal zur Stellungnahme aufgefordert werden, ehe an die Öffentlichkeit möglicherweise geschäftsschädigende Mitteilungen gehen.

In der Sache war vieles, was die damaligen Gemüter bewegte und der Firma schadete, heiße Luft. Ein Verhaltenskodex, der zumindest beim UBA noch heute gilt, hätte das verhindern können.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen