© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/02 24. Mai 2002

 
Schloß-Farcade
von Alexander Barti

Die für den 16. Mai anberaumte Debatte im Bundestag über die Ergebnisse der Schloßkommission wurde abgesagt. Begründung: Der Bund und das Land Berlin hätten einen Tag zuvor das Thema ausführlich besprochen - und eine neue Arbeitsgruppe eingesetzt. Also noch eine Kommission.

Man versteht diese aberwitzige "Kommissionitis" nur vor dem ideologischen Hintergrund der ersten Expertengruppe; diese war so linkslastig, daß man unmöglich eine Empfehlung zur Rekonstruktion des Baues, inklusive der barocken Fassade, erwarten konnte; aber genau das geschah. Für viele Genossen war diese wundersame Bekehrung ein unheilvolles Wetterleuchten der "Reaktion". Unter ihnen auch Peter Conradi (SPD), Präsident der Bundesarchitektenkammer und ehemals Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), der die Entscheidung der Expertenrunde nie akzeptierte.

Chef der neuen Arbeitsgruppe ist Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD), und natürlich ist auch der Berliner Kultursenator Thomas Flierl (PDS) mit von der Partie - obwohl der rot-rote Koalitionsvertrag in der Hauptstadt festlegt, daß kein müder Cent für eine drohende Schloßrekonstruktion ausgegeben werden darf. Die Verhinderungstaktik ist also überdeutlich. In der Zwischenzeit, so hoffen die Genossen, wird der Palast der Republik wiederhergestellt und für Veranstaltungen geöffnet - man gewöhnt sich an alles. Der Abriß eines mit Millionen Euro sanierten Gebäudes wird dann nicht mehr durchsetzbar sein. Und der Ulbrichtsche Terror hätte gesiegt.


 
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