© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/02 17. Mai 2002

 
Der Reiz an der Fiktion
Gregor Brands "Sefer Pralnik"
Tobias Wimbauer

Des Bargstedter Dichters Gregor Brand jüngster Gedichtband, "Sefer Pralnik", liegt vor. Gregor Brand, 1957 in der Eifel geboren und seit 1994 in Mittelholstein wohnend, veröffentlichte mehrere Gedichtbände, arbeitete mit an der Etappe und an den von Piet Tommissen herausgegebenen Schmittiana. Gregor Brand wurde im Vormonat vom International Biographical Centre in Cambridge (England) für den "21st Century Award for Achievement" für "outstanding achievements in the field of literature" nominiert.

"Sefer Pralnik" ist ein im Jüdischen sprichwörtliches, allerdings fiktives Buch; Sefer ist das hebräische Wort für Buch und Pralnik ein häufiger Name im Slawischen. Die Redewendung "Das steht im Sefer Pralnik" ist gleichzusetzen mit einer Floskel der Unglaubwürdigkeit. Wie der Dichter Brand gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erläuterte, habe ihm "die Idee gefallen, ein Buch zu schreiben, das geradezu sprichwörtlich nicht existiert".

Gregor Brand bevorzugt die kurze Form, oftmals die des Epigramms. Sein Sprachwitz ist phänomenal. Brands Gedichte durchwebt Gelassenheit, mitunter auch ein Hauch feiner Ironie. Geistreich richtet sich sein Blick auf die scheinbaren Kleinigkeiten des ihn Umgebenden. Brand spießt Worte, Gegenstände und Situationen gleichsam auf, beschreibt sie und wirft mit einem Wort oder einem Reim manche gewohnte Sicht über den Haufen.

Eines der Gedichte "Am sehr späten Abend" liest sich als Hommage an Peter Huchel (1903-1981), der, nachdem er aus seiner unfreiwilligen Isolation in der DDR emigriert war, stoßseufzte: "Wie soll man da Gedichte schreiben?": "Hundemüde bin ich jetzt/ Und da soll man / noch ein Gedicht schreiben? // Ich soll. // Noch ist mein Gehirn nicht leer / und der Sarg nicht voll."

Das überraschungsreiche Buch ist mit der Gattungsbezeichnung "Kleine Gedichte" versehen. Klein aber sind Brands Gedichte nicht. Vielleicht aber ist mit "Klein" diese "Winzigkeit" gemeint: "Auch dies bleibt / Sinn eines Gedichts: / Eine Winzigkeit / näher zu sein / dem Leben als dem Nichts."

Gregor Brand: Sefer Pralnik. Kleine Gedichte. Gregor Brand Verlag. Bargstedt/Holstein 2001, 149 Seiten, 13 Euro


 
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