© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/02 10. Mai 2002

 
Adolf-Heinrich von Arnim
Preuße des Alltags
von Klaus Gröbig

Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands kehrte der 75jährige Adolf-Heinrich von Arnim nach Gerswalde in der Uckermark - den Ort seiner frühen Jugend - zurück. Seit 21 Generationen gibt es dort die von Arnims. Sie können auf eine reiche und stolze Tradition als Preußen zurückblicken. Von Arnims Großvater mütterlicherseits, Georg von der Marwitz, führte im Ersten Weltkrieg mehrere Armeen und wehrte mit seiner 2. Armee 1917 den ersten Panzerangriff der Kriegsgeschichte durch die Briten bei Cambrai ab. Sein Enkel war dann mit dabei, als in den dreißiger Jahren in Deutschland eine Panzerwaffe aufgebaut wurde. Von Arnim diente im Neuruppiner Panzerregiment 6 der 3. Panzerdivision. Am 14. Dezember 1941 wurde von Arnims Panzer vor Moskau abgeschossen - er selbst überlebte schwer verwundet - büßte aber ein Augenlicht ein.

Nach dem Zusammenbruch 1945 führte ihn sein beruflicher Lebensweg über die Bundesbahn und das Verkehrsministerium schließlich zur Umweltabteilung des Gesundheitsministeriums, an deren Aufbau er maßgeblich beteiligt gewesen ist. 1981 trat von Amim in den Ruhestand und würde vermutlich auch heute noch seine Pension am Rhein genießen, hätte ihm die deutsche Einheit nicht eine neue Aufgabe gestellt.

Mit 75 Jahren - also in einem Lebensalter, wo andere Zeitgenossen darüber nachdenken, ob sie das Mandat im Gemeindekirchenrat niederlegen - wurde von Arnim erfolgreicher Unternehmer. Durch sein Engagement konnte ein Mischfutterbetrieb in Gerswalde, und damit zehn Arbeitsplätze gerettet werden. Der Betrieb arbeitet jetzt profitabel. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein in einer Region wie der Uckermark, die in der Arbeitslosenstatistik einen Spitzenplatz hält.

Eine der wichtigsten Kernfragen für die Zukunft der Region ist die Verkehrsinfrastruktur. Gerade in der Uckermark wurden nach der Wende im atemberaubenden Tempo Bahnstrecken stillgelegt. Die Vorgehensweise ist dabei stets die gleiche. Die zur Stillegung anstehende Strecke erhält Fahrpläne, die mit dem Busverkehr nicht mehr kompatibel sind. Die Folge: sinkende Fahrgastzahlen. Der nächste Schritt: Streckenstillegung. Auf der Bahnlinie Berlin-Stralsund verkehrt ein Regionalexpreß im Zweistundentakt.

Wilmersdorf/Uckermark ist der Bahnhof, der von Arnims Wohnort Gerswalde am nächsten liegt. In den Jahren 1995 und 1996 hielten dort die Züge nicht mehr. Auf Druck eines Uckermärker Fahrgastverbandes, dessen Vorsitzender von Arnim ist, machte die Bahn diese Maßnahme jedoch wieder rückgängig. Seither setzt sich der 85jährige für eine Abstimmung der Fahrpläne von Bus und Bahn ein, damit die Atraktivität der Bahn gesteigert wird. So wie es früher war. Von Arnim - der frühere Ministerialjurist - verweist in diesem Zusammenhang auf den Art. 72 des Grundgesetzes, der gleiche Lebensbedingungen in allen Teilen der BRD fordert.


 
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