© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/02 03. Mai 2002


Spiele: Was tun, wenn der Fernseher mal kaputtgeht?
Verspielte Piraten und Indianer
Andreas Zimmermann

Soll ich nun meine Segel verstärken oder doch lieber mehr Kanonen aufstellen? Aber ist das nicht zu offensichtlich - erahnen die lieben Mitspieler meinen Plan?" So oder ähnlich könnte ein Gedankengang beim neuen Amigo-Spiel "Piratenbucht" lauten.

Aber der Reihe nach. Der Spielplan zeigt eine tropische Insellandschaft mit sechs Inseln, auf denen es jeweils andere Dinge zu holen gibt - schließlich haben wir es ja mit einem Piratenspiel zu tun. Die Taverneninsel, die Rumpfinsel, die Segelinsel, die Kanoneninsel, die Mannschaftsinsel sowie in der Mitte die Schatzinsel und die Piratenbucht.

Zu Beginn des Spiels erhält jeder Pirat, sprich Spieler, ein Schiff sowie eine zugehörige Karte, die den Ausrüstungsstand des Schiffes anzeigt; dieser ist zu Anfang für alle Spieler gleich: fünf Rumpfpunkte, zwei Kanonen-, zwei Mannschaftspunkte, fünf Segelpunkte.

Auf die Inseln wird nun jeweils eine der insgesamt 60 Piratenkarten offen ausgelegt. Sie zeigt an, was man bei einer erfolgreichen Landung auf der Insel einheimsen kann: Siegpunkte, Geld, Schätze oder Tavernenkarten, das alles in unterschiedlicher Größenordnung. Jetzt geht es darum, geheim zu entscheiden, welche Insel man ansteuern möchte: das Herz des Spiels. Sollte es gelingen, der Einzige auf einer Insel zu sein, erhält man die auf der entsprechenden Piratenkarte abgedruckten Nettigkeiten. Wenn sich nun aber ein anderer Pirat ebenfalls für diese Insel entschieden hat, kommt es zum Kampf, falls einer der ruhmreichen Piraten nicht die Flucht vorzieht. Nun kommt den Spielern die Ausrüstung ihrer Schiffe zugute. Wer die höheren Segelpunkte hat, darf den ersten Schuß abfeuern. Dabei kann man entscheiden, auf welchen Bereich des gegnerischen Schiffes man es abgesehen hat. Der eigentliche Kampf wird mittels Würfel ausgetragen. Die Anzahl der Würfel entspricht der Anzahl der eigenen Kanonen an Bord. Bei jeder gewürfelten fünf oder sechs verliert der Gegner eine Stufe des beschossenen Bereiches. Auch hier regiert das Dilemma: lieber die Kanonen des Gegners dezimieren, oder gleich den Rumpf durchlöchern? Aber nicht vergessen, der Gegner kann vielleicht noch zurückschießen...

Die Rumpfpunkte dienen der Anzeige des zur Verfügung stehenden Laderaumes für die Schätze, die Mannschaftspunkte sollten immer auf gleicher Höhe mit den Kanonenpunkten sein, da sich Kanonen damals bekanntlich noch nicht selbst betätigen konnten. Für alle Bereiche gilt: fällt der Wert unter Null, ist das Schiff beschädigt und muß in die Piratenbucht. Dort erhält man natürlich keine Piratenkarte und darf keine Sonderaktion durchführen.

Das bleibt dem Sieger oder dem, der von vornherein allein auf der Insel war, vorbehalten. Je nach Inseltyp darf man nun die Ausrüstung seines Schiffes verbessern: auf der Segelinsel die Segelpunkte, auf der Kanoneninsel die Kanonen... Man sieht, es ist ziemlich wichtig, auf eine Wunschinsel zu gelangen: außer der Piratenkarte lockt also zusätzlich die Sonderaktion, denn mit dieser kann man sein Schiff verbessern. In der Piratenbucht gibt es allerdings zwei Tavernenkarten als Entschädigung sowie zwei Geldstücke, die man aber sofort zur Aufrüstung des beschädigten Bereiches verwenden muß.

Eine Sonderrolle spielen die Taverneninsel und die Schatzinsel. Auf der Taverneninsel kann man als Sonderaktion Tavernenkarten kaufen. Sie werden gerne unterschätzt, obwohl sie direkte Siegpunkte und mannigfaltige Gemeinheiten beim Kampf und bei der Verteidigung des Schiffes bieten. Die Schatzinsel im Zentrum des Spielplanes wiederum ist sozusagen Friedenszone, denn hier können sich beliebig viele Piratenschiffe tummeln, ohne daß es zu Kämpfen kommt. Man lädt gemütlich Schätze ab, die man auf anderen Inseln vorfand und kassiert dafür harte Siegpunkte. Außerdem hat man die Möglichkeit, einen beliebigen Bereich seines Schiffes zu verstärken.

Das Spiel geht über 12 Runden und es gewinnt, wer am Ende die meisten Siegpunkte erringen konnte. "Piratenbucht" ist ein gut durchdachtes Spiel, bei dem alles zusammenpaßt. Es ist kein "Hirnverzwirbler", fordert aber dennoch ein gewisses Maß an Überlegung. Die Aktionen und der Einsatz der Tavernenkarten wollen geplant sein. Falls keine ausgesprochenen Grübler teilnehmen, läßt sich "Piratenbucht" in 90 Minuten spielen, und es kommt mit Sicherheit keine Langeweile auf.

Ogallala:

Ein witziges Spiel in geselliger Runde gefällig? Schon lange keine Indianerboote mehr gebaut? Dann liegt man bei Ogallala genau richtig. Der Klassiker von Rudi Hoffmann wurde jüngst vom Verlag Amigo-Spiele als Kartenspiel wieder zum Leben erweckt.

Die 66 Indianerkarten mit Punktewerten von eins bis zehn, die Beutekarten mit dem Wert zehn und die zwölf Bug- und Heckkarten werden gut gemischt und auf drei Stapel aufgeteilt. Der Reihe nach ziehen die Spieler eine verdeckte Karte und legen sie vor sich aus. Ziel ist es, drei komplette Boote zu bauen: je länger die Boote, desto mehr Beutestücke passen drauf. Logisch, oder? Man darf übrigens so lange Karten ziehen, bis man entweder den Lassowerfer, den Bogenschützen oder den Indianer "Verrückte Axt" zieht, oder ein Boot vervollständigt hat oder eine Karte zieht, die man nicht legen will oder kann. Nicht legen kann? Gibt es etwa Regeln für die Ablage? Ja, die gibt es. So darf die Bootsablage vor jedem Spieler aus maximal drei Kartenreihen in der Höhe und aus maximal 14 Karten in der Breite bestehen. Eine gezogene Karte darf man nur an eine schon liegende Karte anlegen. Wäre ja noch schöner, wenn man ein Boot quasi in der Luft baute - über Eck ist es allerdings erlaubt.

In einer Reihe dürfen auch nie zwei Karten mit gleicher Abbildung liegen. An eine Bugkarte darf links nur eine Heckkarte gelegt werden, an eine Heckkarte darf rechts nur eine Bugkarte gelegt werden. Das ergibt sich aber von selbst, da sonst das neue Boot nie komplettiert werden könnte. Wenn man ein Boot vervollständigt hat, kann man ein gegnerisches Boot angreifen, braucht aber dazu eine höhere Kampfstärke (=Punktewerte der Indianerkarten) als das feindliche Boot. Ist das aber der Fall, nimmt man die entsprechenden Bootskarten des Gegners auf, schnappt sich die Beutekarten und schickt die restlichen Indianerkarten in die Ewigen Jagdgründe.

Sobald ein Spieler sein drittes Boot vervollständigt hat, kann er das Spiel beenden. Will er das nicht, wird das Spiel weitergeführt, bis er entweder ein viertes Boot vervollständigt oder ein anderer Spieler mit seinem dritten, vollständigen Boot das Spiel beenden. Spätestens mit dem fünften Boot eines Spielers endet das Spiel. Jetzt wird abgerechnet: Jeder Spieler erhält Punkte, je nach Länge seiner Boote und zusätzlich die Punkte aus den Beutekarten. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel.

Ogallala ist wahrlich kein Taktik- oder Strategiespiel, Tiefgang ist bei flachen Indianerbooten auch nicht zu erwarten. Wenn die Mitspieler sich darüber im Klaren sind, einfach nur Spaß haben wollen und der Schadenfreude freien Lauf lassen, kann eigentlich nichts mehr schief gehen: vergnügliche 45 Minuten sind garantiert.

Piratenbucht: Note (1 bis 5): 3+; Autor:Paul Randles/Daniel Stahl; Verlag: Amigo Spiele; Mitspieler: 3-5, ab 10 Jahren; Spieldauer: 90 bis 120 Minuten. Preis: ca. 30 Euro

Ogallala: Note: 3; Autor: Rudi Hoffmann; Verlag: Amigo-Spiele; Mitspieler: 2-5, ab 10 Jahren; Spieldauer: 45 Minuten. Preis: ca. 6 Euro


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