© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/02 26. April 2002


Neue Technologien: Biosicherheit
Da weiß man, was man verschluckt
Angelika Willig

Ratten werden bis zu sechs Jahre alt. Doch kauft man heute eine in der Zoohandlung, so wird sie mit ziemlicher Sicherheit im Alter von zwei Jahren an schrecklichen Tumoren eingehen. Weiße Ratten sind alle von Labortieren "kontaminiert", das heißt sie tragen eine Erbinformation, die von Wissenschaftlern zum Zwecke der Krebsforschung entwickelt wurde. Wie die "Entartung" vor sich geht, kann nur vermutet werden. Nicht selten nehmen Laborangestellte überflüssige Tiere mit nach Hause. Dort entwischen sie und suchen nach Partnern. Wie eine Infektion verbreitet sich dann das unerwünschte Merkmal in der gesamten Population. Genforschung sollte offenbar nur in geschlossenen Räumen vor sich gehen.

Nun sind Ratten für uns keine Lebensmittel. Doch Mais beispielsweise läßt sich mit einer genetischen Manipulation resistent gegen die wichtigsten Schädlinge machen - was die giftigen Pflanzenschutzmittel ersetzt. Doch schadet das Schädlingsabwehr-Gen auch nützlichen Insekten? Und was passiert, wenn die neue Genkonstellation sich bei ähnlichen Pflanzen in der Umgebung verbreitet? Besonders beim einheimischen Raps besteht eine Neigung, sich mit wilden Arten zu kreuzen. Und der Pollenflug ist noch schwerer zu kontrollieren als die Liebespfade von Kleinsäugern. Immer mehr Nutzpflanzen erhalten eine "transgene" Aufpolierung. So befindet sich die gute alte Kartoffel schon seit Jahren auf dem Weg zu einem Energy-Produkt mit darmpflegendem Seiteneffekt. Was aber in einem Ökosystem, wo alles ineinandergreift, durch das Eindringen eines Fremdlings ausgelöst wird, ist nicht vorhersehbar. Schon gibt es Naturschützer, die wie Ende März in Dahnsdorf (Brandenburg) geschehen, Felder mit genmanipulierten Pflanzen verwüsten.

Um das Verständnis für die "grüne Genetik" zu verbessern, hat das Bundesministerium für Forschung und Bildung jetzt eine neue Internet-Seite eingerichtet, die jedes Informationsbedürfnis erfüllt. Man erfährt dort, daß die "Biosicherheit" immer mit dabei ist, wo Pflanzen für den Verbraucher veredelt oder gegen ihre Feinde künstlich gekräftigt werden. Ein EU-Gesetz schreibt Beobachtungsprogramme vor, das sogenannte "Monitoring", um "negative Auswirkungen rechtzeitig zu erkennen". Hätte doch jemand rechtzeitig die Auswirkungen der menschlichen Evolution auf das Ökosystem Erde erkannt! Dann wären auch wir ein Testfall geblieben und gar nicht erst in den Handel gelangt. Sogar für besseren Geschmack soll genetisch gesorgt werden. Nachdem die konventionellen Züchter den Geschmack von Obst und Gemüse zerstört haben, ist das nur fair. Zur Biosicherheit gehört auch eine Datenbank mit allen Projekten und Ergebnissen der rasch zunehmenden Biologischen Sicherheitsforschung auf dem neuesten Stand. Die Informationen beginnen simpel und gehen bis ins wissenschaftliche Detail. Durch aktuelle Meldungen und Hintergrundberichte wird das Angebot abgerundet. Die Internetseite www.biosicherheit.de  ist ein schönes Beispiel für Überzeugung durch Vorwegnahme von Einwänden - und dafür, wie man eine perfekte Web-Seite macht.


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