© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/02 19. April 2002

 
Ruhe vor dem Sturm
Georgien: Russische und US-Militärs gelandet
Alexander Barti

Der Georgische Präsident und ehemalige Außenminister der Sowjetunion, Eduard Schwardnadse, hat am am Montag Rußland beschuldigt, sein Land zu destabilisieren. Vorher waren etwa 80 russische Militäberater in dem Kondori-Tal der abtrünnigen Region Abchasien gelandet. Die Regierung in Moskau wies die Vorwürfe zurück und sprach von legalen Beobachtern, die seit 1994 den brüchigen Frieden zwischen Georgien und Abchasien überwachen.

General Jewtewej beschuldigte die Regierung in Tiflis, den Beschuß seiner Soldaten befohlen zu haben, was der Sprecher des georgischen Verteidigunsministers, Nino Sturua, entschieden dementierte. Allerdings hatte der Verteidigungsminister David Tewsadse selbst erklärt, daß man die russischen Militärs beschießen werde, wenn sie nicht das Kodori-Tal umgehend verließen. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, zogen sich die russischen Soldaten wieder zurück.

In einem blutigen Bürgerkrieg hatte sich Abchasien 1992/93 mit seiner "Hauptstadt" Suchumi am Schwarzen Meer von der in die Unabhängigkeit entlassenen Sowjetrepublik Georgien getrennt; etwa 16.000 Menschen kamen dabei ums Leben und 300.000, zumeist ethnische Georgier, wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Die Flüchtlinge bilden seitdem eine starke Lobby, die Schwardnadse nicht ohne weiteres übergehen kann.

In jüngster Zeit haben die Spannungen zwischen den verfeindeten Völkern wieder zugenommen, nachdem sich die USA bereit erklärt haben, im Zusammenhang mit dem "Kampf gegen den Terror" die georgische Armee wieder auf Vordermann zu bringen. Am 8. April hatte Schwardnadse erklärt, 200 US-Militärberater würden dabei helfen, die im Pankisi-Tal vermuteten al-Quaida Kämpfer aufzustöbern. Rußland fühlt sich durch die Präsenz amerikanischer Militärs an seiner Südflanke und in unmittelbarer Nähe zu Tschetschenien beunruhigt und regagierte daher prompt, als die Abchasier ihrerseits nach russischer Hilfe riefen. Der jüngste Zwischenfall düfte nicht der letzte gewesen sein. 


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen