© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/02 19. April 2002

 
Meldungen

PDS übt heftige Kritik an Springer-Verlag

BERLIN. Die Entscheidung des Axel-Springer-Verlages, Anzeigen der PDS nicht mehr zu veröffentlichen, hat der PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch als einen "Skandal" bezeichnet, der in der deutschen Medienlandschaft ohnegleichen sei. Springer grenze Millionen Wähler aus und verletze das Gebot der journalistischen Unabhängigkeit. Der Axel Springer Verlag hatte es unter Hinweis auf die Beobachtung von Teilen der PDS durch die Verfassungsschutzbehörden abgelehnt, PDS-Anzeigen zu drucken. "Springer versucht die Leser seiner Zeitungen und Zeitschriften zu entmündigen und ist in diesem Vorgehen der Abteilung Agitation des ZK der SED durchaus vergleichbar", erklärte Bartsch. Der Verweis auf den Verfassungsschutz erweise sich als "höchst fadenscheinig und unglaubwürdig". Einerseits hätten Springer-Zeitungen in der jüngeren Vergangenheit mit PDS-Politikern um Leser geworben. Zum anderen sei die Beobachtung der PDS durch den Verfassungsschutz eher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Schlapphüte als ein Beweis für die mangelnde Verfassungskonformität der PDS.

 

Verurteilungen wegen Sebnitz-Falschaussage

PIRNA. Wie Richter Ernst Brandt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT mitteilte, hat das Amtsgericht Pirna im "Fall Joseph" vorige Woche einen Erwachsenen wegen Falschaussage zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Bereits im letzten November wurden zwei Jugendliche wegen desselben Deliktes zu 80 beziehungsweise 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Die Verurteilten hatten zwei Männer und eine Frau im Herbst 2000 beschuldigt, den sechs Jahre alten Joseph aus Sebnitz in einem Freibad gequält und dann ertränkt zu haben. Nach dieser Aussage waren die drei unter Mordverdacht verhaftet worden. Wegen erwiesener Unschuld kamen sie jedoch nach einigen Tagen wieder frei. Das Verfahren wurde eingestellt. Noch nicht abgeschlossen sind die Ermittlungen gegen Josephs Mutter, Renate Kantelberg-Abdullah, seinen Vater und die Schwester. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dresden werde gegen sie wegen des Verdachts zur Anstiftung von Falschaussagen ermittelt. Durch den Fall war die Stadt Sebnitz wochenlang in die Schlagzeilen geraten. Joseph, Sohn deutsch-irakischer Eltern, war 1997 im Freibad von Sebnitz an Herzversagen gestorben.

 

Gauck: Linke blendete Unrecht im Osten aus

KÖNIGSTEIN. Vor einer selektiven Wahrnehmung von Menschenrechtsverletzungen hat der ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, gewarnt. So hätten westliche linksprotestantische Kreise und Intellektuelle in den achtziger Jahren dazu geneigt, Unrecht und Unterdrückung im damaligen Ostblock auszublenden oder die dortige Wirklichkeit zu romantisieren. Diese Leute hätten gern die Straßenseite gewechselt, wenn sie einem Dissidenten begegnet seien, um den Dialog mit den kommunistischen Herrschern nicht zu gefährden, sagte Gauck auf der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), die vom 12. bis 14. April in Königstein im Taunus stattfand. Der ehemalige Pastor erinnerte daran, daß die westliche Linke die Menschenrechtler der IGFM als "reaktionäre Finsterlinge" dargestellt habe. Er selbst sei als "einstiger linker Protestant" von solchen Meinungen beeinflußt gewesen. Gauck zollte der Menschenrechtsorganisation Anerkennung dafür, daß sie entgegen dem damaligen Zeitgeist beharrlich auf die Menschenrechtsverletzungen in der DDR und den osteuropäischen Staaten hingewiesen habe. Die Tagung der IGFM mit mehr als 300 Teilnehmern stand unter dem Motto "Informieren statt verdrängen". Die seit 30 Jahren bestehende IGFM hat weltweit 35.000 Mitglieder, davon 2.900 in Deutschland. (idea)


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen