© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/02 19. April 2002


Antidiskriminierungsgesetz
Rot-grüner Tugendterror
Claudia Hansen

Der Weg zur Hölle, sagt ein Sprichwort, ist mit tausend guten Vorsätzen gepflastert. Der Weg zum totalitären Staat, möchte man hinzufügen, führt über tausend gutmenschliche Verordnungen. Zum Beispiel das jüngst vorgestellte rot-grüne "Gesetz gegen Diskriminierung". Total entsetzt hat der Grundbesitzerverband reagiert: "Künftig wird jedermann vom Staat gezwungen, Zwangsverträge gegen seinen Willen abzuschließen", warnte Friedrich-Adolf Jahn, Präsident von "Haus und Grund". Auch beim Deutschen Anwaltsverein schrillten die Alarmglocken. Der Gesetzentwurf "erschüttert die Grundlagen der Privatautonomie", klagte der Verein und sieht die Vertragsfreiheit "empfindlich beschnitten".

Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hat, vor allem auf Drängen der Grünen, den Stein ins Rollen gebracht. Nach dem Gesetzentwurf dürfte künftig "aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" niemand benachteiligt werden. Fast Identisches steht in Artikel 3 des Grundgesetzes. Der gewaltige Unterschied besteht darin, daß die Grundrechte nur den Staat binden, für die Bürger untereinander gilt Vertragsfreiheit - auch "negative Vertragsfreiheit". Das heißt, ein Vermieter muß nicht an jeden zweifelhaften Interessenten vermieten. Ein Wirt hat das Recht, einem dubiosen Gast das Bier zu verweigern. Jeder Geschäftsmann genießt eben die Freiheit, "Nein" zu sagen.

Nicht mehr lange, wenn es nach dem Willen von Däubler-Gmelin geht. Ihr Anti-Diskriminierungsgesetz sieht vor, daß "Diskriminierte" auf Schadensersatz klagen können. Das hätte weitreichende Folgen: Kirchliche Pflegeeinrichtungen fürchten eine Klagewelle von Atheisten, Banken bangen um ihre Entscheidungsgewalt bei der Vergabe von Krediten. Das Justizministerium erwägt sogar eine Umkehr der Beweislast, eine gefährliche Abkehr vom Kernstück des Rechtsstaates, der Unschuldsvermutung. Eine Bank hätte dann vor Gericht zu beweisen, daß sie dem türkischen "Import-Export" nicht aus "rassistischen Gründen" kein Darlehen geben wollte, sondern weil das Insolvenzrisiko solcher Betriebe zu hoch liegt. Ein Vermieter müßte darlegen, daß er kein "Ausländerfeind" ist, weil er seine Wohnung an einen Deutschen und keinen fremdländischen Interessenten vergeben hat. Dieser Tugendterror mündet direkt in den Überwachungsstaat.

Ganz offenkundig ist zudem die linke Schlagseite des Vorhabens. Däubler-Gmelin bekam plötzlich antifaschistische Bedenken, daß auch "Rechte", mit ihrem Anti-Diskriminierungsgesetz in der Hand, einen Anspruch auf einen Tagungsraum in einem Hotel erheben könnten. Das muß natürlich verhindert werden, weshalb auch die Grünen bereit waren, den Punkt "Weltanschauung" wieder in den Müll zu werfen. Genau dorthin gehört aber der ganze Gesetzentwurf. Auf keinen Fall darf der Staat freie Bürger drängen, zwangsweise geschäftliche Beziehungen mit Leuten einzugehen, die sie nicht mögen - aus welchen Gründen auch immer.


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