© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002

 
Frisch gepreßt

Neue Weltordnung. Der italienische Kolumnist Antoni Negri und der anglo-jüdische Linksintellektuelle Michael Hardt präsentieren eine unbarmherzig ätzende Globalisierungskritik, ohne den Lesern die geringste Illusion darüber zu gestatten, daß es zum Ungeheuer des Globalismus auch nur die allerbescheidenste Alternative geben könnte. Nur im Sprachduktus erinnern beide an postmoderne Visionen rechts-romantischer Kulturkritik, wenn sie jenen "Nomadismus" analysieren, den die Globalisierung in Gang setze und der sie doch am Ende vernichten werde: Unter dem Druck der neuen "Barbaren" breche die westliche Zivilisation eines nicht mehr fernen Tages zusammen (Empire. Die neue Weltordnung. Campus, Frankfurt 2002, 461 Seiten, 34,90 Euro).

Spekulationen. Bereits 1982 verfaßten die beiden Portfoliomanager Peter Martin und Bruno Hollnagel einen Überblick über die Geschichte der großen Spekulationen und ihrer kausalen Auswirkungen auf die Politik vom Altertum bis ins 20. Jahrhundert. Aus den Erfahrungen des Börsenkrachs von 1929 und ähnlicher Spekulationsblasen der Nachkriegszeit scheint jedoch niemand gelernt zu haben, denn die Autoren konnten aus den letzten zwanzig Jahren genug Material für ihre erweiterte Ausgabe sammeln. Der "Asien-Crash" und Kursstürze in den südamerikanischen Staaten gehören ebenso in diese historische Kontinuität, wie der "Neue Markt", dessen zerplatzte Hoffnungen noch heute manchem schwer auf das Konto drücken (Die großen Spekulationen der Weltgeschichte. Langen Müller, München 2002, 343 Seiten, 19,90 Euro).

Realitätsflucht. Der Bonner Sozialforscher Meinhard Miegel trug mit seiner inzwischen in vierter Auflage veröffentlichten Studie über das "Ende des Individualismus" 1994 ein Stück Gesellschaftskritik vor, das sich durchaus mit soziologischen Klassikern der zweiten Reihe (etwa David Riesmans "Einsame Masse") messen kann. 1992 warnte Miegel darin vor nahenden Miseren, die heute Realität sind. Sein neues Buch attackiert die reformunwillige BRD-Gesellschaft noch härter und mahnt zum Umsteuern. Doch wie auf Kassandra wird auch auf Professor Miegel niemand hören (Die deformierte Gesellschaft. Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen. Propyläen, Berlin 2002, 303 Seiten, 22 Euro).


 
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