© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/02 05. April 2002


Zerfetzte Hoffnungen
von Steffen Königer

Wieviele Menschen müssen in Israel noch sterben? Sinnlose Attentate, wie auch scheinbar planlose Armeeinsätze im Heiligen Land, machen deutlich, daß Apelle aus allen Teilen der Erde ungehört verhallen. Wer hat angesichts immenser und immer wieder neu gesteigerter Gewalt überhaupt noch eine Steuerungsmöglichkeit? Wie kann in Israel, wo die radikalen Siedler beim Anblick von zerfetzten Frauen und Kindern mehr und mehr die Oberhand mit Forderungen nach noch härterer Vergeltung gewinnen, noch die Stimme des Friedens erhört werden? Wie soll Palästina, dessen Infrastruktur von der israelischen Armee bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen wurde, noch Terroristen bekämpfen?

Von "Kriegsähnlichen Zuständen" sprechen nur noch Medien außerhalb des "Krisenherdes" - die Konfliktparteien praktizieren den totalen Krieg. Bilder von Friedensdemonstranten in besetzten Städten sind zu sehen, die vor einem Panzer zum Stehen kommen, weil Geschosse wenige Meter vor ihnen einschlagen - bis zum nächsten Selbstmordattentat, bei dem wieder Unschuldige sterben, sind es nur noch Stunden. Und auf das Gebiet Israels beschränkt sich die "Krise" auch nicht mehr: Irak hat im Einklang mit dem Iran angekündigt, das Öl als Waffe gegen den "Zionismus" einzusetzen, in Frankreich brennen Synagogen und in Berlin verprügelten am Ostersonntag "arabisch aussehende Jugendliche" zwei orthodoxe Juden. Gewinnen kann niemand - zurück bleiben zerfetzte Hoffnungen.


 
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