© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/02 29. März 2002

 
Schön verpackt
Semperoper: "A Midsummer Night's Dream" von B. Brittens
Konrad Pfinke

Manchmal kommt es einfach nur auf das richtige Kostüm, auch auf die Ausstattung an - zumindest in der Oper. Wer sich Shakespeares "Sommernachtstraum" in der Vertonung Benjamin Brittens vornimmt, tut gut daran, sein Augenmerk auch auf die phantasievolle Verpackung zu legen.

Die Neuinszenierung Philipp Himmelmanns, die an der Semper-oper eine einhellig bejubelte Premiere erlebte, bietet da einiges: wenn sich der Vorhang öfffnet und Puck an der riesigen, schwarzen Scheibe des Mondes, vor einem funkelnden Sternenhimmel, aus seinem Schlummer erwacht, ist fast schon das halbe Spiel gewonnen. Oberon erscheint in einer wunderbar magischen Gestalt als Schwarzer Fürst, und die Elfen sehen ein bißchen so aus, als hätte sie der berühmte Shakespeare-Illustrator Johann Heinrich Füssli entworfen.

So beweisen der Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann und der Kostümschöpfer Jorge Jara, daß Shakespeares problematische Komödie über den unfreiwilligen Partnertausch wie ein großes Märchenspiel bebildert werden kann, ohne an Tiefe zu verlieren. Hier treffen mühelos zwei Welten aufeinander: die der Shakespeare-Zeit mit ihren traumhaften Gestalten, die der Gegenwart mit ihren Liebenden, die mit Koffern über die Holzbretter hetzen. Himmelmann hat nun die sanfte Variante gewählt.

Hier wird keine Figur denunziert - auch wenn der dicke, kleine, durchaus charmante Puck so ausschaut, als wäre er einem Gemälde Spitzwegs entsprungen. Schön, wie er sich mit dem Schweißtuch die Stirn abwischt (es ist schon verdammt schwer, einem schwierigen Herrn wie Oberon zu gehorchen), noch schöner, wenn er in der Menge der durchweg weiblichen Elfen ein wahres Lustbad nimmt. Uwe Schönbeck erfüllt die ungewöhnliche Interpretation mit souveränem Witz. Herausragend: Markus Marquardt als Bottom ("Zettel"), der unter dem gedeckten Tisch von Tytania vernascht wird. Energisch: die Hippolyta der Annette Jahns, eine gelernte Amazone, die sich zu Beginn der Hochzeit, im wahrsten Sinn des Wortes, abseilen will. So trifft die Inszenierung immer wieder das Wesentliche der Charaktere.

Neben dem Oberon Jochen Kowalskis, dessen Countertenor für sanfte Töne sorgt, ragt Roxana Incontrera als Tytania mit ihrem butterweichen, vergleichslosen Sopran aus einem guten Ensemble heraus. Auch Werner Güra (Lysander) und Sabine Brohm (Helena) halten den hohen musikalischen Rang der Partitur, wobei sie sich auch - man hat nichts anderes von diesen bemerkenswerten Sängerschauspielern erwartet - in die Dramatik der Liebesverwirrungen stürzen.

Die Sächsische Staatskapelle konzentriert sich unter Ion Marin vor allem auf die finsteren, sehr modernen Töne des Werks: als Entsprechung zum dunklen, aber faszinierend funkelnden Traumbild dieses Abends. 


 
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