© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/02 29. März 2002

 
LOCKERUNGSÜBUNGEN
Verbotsgründe
Karl Heinzen

Das Finanzgebaren von Teilen der SPD ist unglücklich, aber nicht skandalös. Wer es zur Affäre aufbauscht, läßt sich in den Wahlkampf der Union einspannen. Dies ist in einer Demokratie zwar nicht grundsätzlich verwerflich. Hier jedoch haben wir es mit einer Bewegung zu tun, die um jeden Preis an die Macht will und daher berechtigte Zweifel weckt, ob ihr diese im Interesse unserer Verfassungsordnung wirklich ohne weiteres anvertraut werden darf. Schon die aggressiv-kämpferische Haltung, die CDU und CSU in der Migrationsfrage gegen tragende Prinzipien unseres Gemeinwesens, wie sie seit 1998 endlich verstanden werden können, an den Tag legen, setzt das Problem, wie mit diesen Parteien in Zukunft umzugehen ist, auf die Tagesordnung der nächsten Legislaturperiode.

Die Verleumdungen und Unterstellungen, mit denen CDU und CSU das Ansehen führender Repräsentanten unseres Gemeinwesens bis hin zum Bundespräsidenten untergraben wollen, beschädigen unsere Demokratie. Dies scheint nicht nur in Kauf genommen zu werden, sondern beabsichtigt zu sein. Bereits die Kampagne gegen führende Politiker der Grünen, denen einige allgemein bekannte und allgemein respektierte Stationen ihrer politischen Karriere vorgehalten wurden, ließ erkennen, daß hier den Bürgern vor allem suggeriert werden sollte, freie, gleiche und geheime Wahlen führten zwielichtige Gestalten in höchste Regierungsämter. Diese heimliche Attacke für das Führerprinzip konnte, wenn auch um den Preis übereilter Eingeständnisse der persönlich Angegriffenen, noch abgewehrt und die Achtung der Menschen vor den Spielregeln der Demokratie dadurch gestärkt werden. Nun aber stellen CDU und CSU das "System" insgesamt an den Pranger, indem sie irrationale Ängste vor "Korruption" und somit das Mißtrauen gegenüber demokratischen Institutionen schüren. Mit dieser neuerlichen Kampagne geben die Unionsparteien jedoch unfreiwillig ihren wahren politischen Standort preis. Er befindet sich nicht auf dem Boden unserer freiheitlichen und demokratischen Grundordnung, die allen Ambitionen, das Individuum einem Kollektiv oder irgendwelchen als wahr und verbindlich ausgegebenen Prinzipien unterzuordnen, eine unmißverständliche Absage erteilt. Der Einzelne und sein Eigennutz sind vom Staat nicht bloß zu respektieren, er steht vielmehr in ihrem Dienst. Politiker und Beamte sind als Bürger wie alle anderen auch davon nicht ausgenommen. Wenn sie ihre Position zur persönlichen Bereicherung nutzen, geschieht dies im Einklang mit unserer Werteordnung. Es mag sein, daß sie im Einzelfall einen Vertragsbruch begehen. Kriminalisiert werden darf derartiges nicht.

Zu den Kennzeichen totalitärer Parteien gehört es, daß sie einen "neuen Menschen" versprechen. Die Unionsparteien sollten sich nicht auch noch diesem Verdacht aussetzen. Sie sollten statt dessen die Verhöhnung des Eigennutzes einstellen und nicht länger als "Korruption" verunglimpfen, was alle ein Interesse an unserem Staat nehmen läßt.


 
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