© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/02 29. März 2002


Deutsches Theater
von Matthias Bäkermann

Kaum jemand hatte ernsthaft erwartet, daß die Abstimmung über das neue Einwanderungsgesetz im zweiten wichtigen Organ der Legislative, dem Bundesrat, konstruktiv im Interesse des Föderalismus über die Bühne gehen würde. Zu klar treten die Länderinteressen gegenüber den Parteiabsichten in den Hintergrund.

Nun haben sich durch die skandalöse Abstimmung die politischen Akteure peinlich entblößt. SPD-Bundesratspräsident Klaus Wowereit schwadronierte noch nach der Abstimmung naßforsch über seine verfassungsrechtliche Auslegung der Abstimmung, nach womöglich näherer juristischer Beratung begründet er sein Handeln nun mit einem Hörfehler. Letztlich wird, egal ob der Bundespräsident den Gesetzentwurf unterschreibt, das Parlament zum Offenbarungseid gezwungen sein und seine Hausaufgaben der Judikative in Gestalt des Bundesverfassungsgerichts aufbürden.

Mit der Blockade des Vermittlungsausschusses hat sich die SPD zudem dem Vorwurf des Wahltaktierens ausgesetzt und sich somit den politischen Schwarzen Peter zuschieben lassen. Doch auch die Union konnte durch die gewohnt ungeschickt agierende Parteivorsitzende Angela Merkel in der politischen Glaubwürdigkeit nicht punkten: Dem von seinem Koalitionspartner brüskierten brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm die Fortsetzung der Koalition vorzuschlagen, offenbart einmal mehr, daß nicht politische Statur, sondern bloßer Machtwille das Prinzip der christdemokratischen Opposition bestimmt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen