© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002


Regieren als Computerspiel: Der Internet-Kanzler „Bayernkini“ im Gespräch
„Politik kann und soll Spaß machen“
Steffen Königer

Du konntest Dich in der letzten Woche mit einer knappen Mehrheit von 60 Stimmen gegen den Sozialisten „DinoVelvet“ bei den Wahlen zum Internetkanzler durchsetzen. Wie kommt denn der Name „Bayernkini“ zustande, und wieviel Zeit verbringt ein Kandidat eines virtuellen Wahlkampfes bei Dol2Day (siehe auch „Neulich im Internet“) vor dem Bildschirm?

Bayernkini: Nun, „Bayernkini” bedeutet „Bayernkönig“. Und steht bei mir als Sinnbild - auch wenn ich das nicht auf das Sinnbild aller Bayern übertragen möchte - für König Ludwig II von Bayern. Wie lange verbringt ein Kandidat so vor dem Bildschirm? Eine gute Frage, die ich im Grunde nicht beantworten möchte, da ich ansonsten feststellen muß, daß ich die Sache wohl schon zu sehr in den Vordergrund gezogen habe. Aber ich denke, daß ich nicht übertreibe, wenn ich von einem Wert von mindestens drei Stunden am Tag ausgehe. Und das zu den unterschiedlichsten Tageszeiten, denn bei Dol2Day ist rund um die Uhr etwas los und es gibt immer wieder Neuigkeiten und Änderungen.

Wie fühlt man sich so als „erster konservativer Kanzler des Internets“ - war denn der Wahlkampf fair?

Bayernkini: Ich bin nicht der erste konservative Kanzler des Internets. Diesen „Rang“ hatte schon Tim Peters, seines Zeichens General_T, auch aus der Christdemoratischen Internet Partei. Allerdings waren zu dieser Zeit die Kanzlerwahlen bei Dol2Day noch etwas anders. Da ging es weniger um Wahlen, als vielmehr um die Qualifikation zur Bimbes. Der Wahlkampf war äußerst fair. Anfangs wurden zwar von einigen Mitgliedern aus verschiedenen Parteien einige Versuche gestartet, einen unfeinen Wahlkampf mit Schlägen unter der Gürtellinie zu eröffnen - dies wurde aber von der Mehrheit der Mitspieler und von den jeweiligen Parteiführungen eingedämmt. Ich möchte mich daher auch nochmals bei meinen Konkurrenten und deren Bündnissen für diesen Wahlkampf bedanken.

Hat also niemand die „Faschismuskeule“ geschwungen?

Bayernkini: Natürlich wurde die Faschismuskeule geschwungen. Allerdings bin ich gegen solche Beschuldigungen resistent. Ich stehe dazu, im wirklichen Leben in der CSU zu sein. Und ich kann beim besten Willen nicht erkennen, inwieweit die CDU/CSU faschistische oder nationalsozialistische Inhalte oder Gedanken vertritt. Ich sehe die CSU auch als rechte Partei an; allerdings nicht in der Definition nach Schröder und der „neuen Mitte“ a la SPD, sondern aufgrund gesellschaftlicher Ansichten und geschichtlicher Entwicklung. Mit dem Begriff „Mitte“ kann ich mich von daher weniger identifizieren. Allerdings betone ich, daß ich mich von Extremismus, egal, ob von links oder rechts, distanziere und diesen auch nicht toleriere.

Was hältst Du als Christsozialer von der FUN - sind da auch Koalitionen möglich?

Bayernkini: Die FUN ist eine Partei bei Dol2Day wie viele andere auch. Und wie bei anderen Parteien auch, ist es auch bei der FUN so, daß von Seiten der CIP, der Christdemokratischen Internetpartei, eine Koalition mit der FUN von den Mitgliedern nicht gewünscht wird. Das bedeutet nicht, daß wir die FUN als Partner oder Mitarbeiter ablehnen, aber es heißt eben auch, daß es keine Koalitionen geben wird.

Gibt es denn eine Art „Verfassungsschutz“ bei Dol2Day?

Bayernkini: Nun, einen Verfassungsschutz gibt es nicht. Es gibt aber einige sehr aufmerksame Mitspieler, welche Verfehlungen nach deutschem Recht aufspüren und auch zur Anzeige bringen. Diese Anzeige wird dann von einem Gremium bearbeitet, das aus ausgewählten Mitgliedern besteht, denen die Redaktion ihr Vertrauen ausgesprochen hat. In besonders schwerwiegenden Fällen behält sich die Redaktion allerdings vor, sofortige Maßnahmen zu ergreifen. Das ist auch verständlich, da im Endeffekt die Redaktion die Verantwortung für dieses Spiel alleine zu tragen hat und somit auch haftbar gemacht werden könnte.

Was wird sich denn grundlegend ändern unter Deiner Regierung?

Bayernkini: Wir werden auf jeden Fall versuchen, daß es wieder mehr Meinungsfreiheit innerhalb der Simulation gibt. Denn es war ein deutlicher Trend zu erkennen, daß Meinungen, welche sich weg von „Schröders neuer Mitte“ bewegten auch gleich als rechtsradikales und extremistisches Gedankengut verunglimpft wurden. Dies wollen wir wieder auf ein normales Level bringen - Meinungen, die sich im Rahmen der Gesetze Deutschlands bewegen, dürfen und sollten auch ausgesprochen werden. Denn das war auch einer der interessanten Aspekte dieser Politiksimulation: Anfangs war es noch so, daß man auch Beiträge lesen konnte, welche in der Öffentlichkeit - und damit meine ich nun die wirkliche Welt, nicht die virtuelle - nicht oder kaum zu lesen waren, da diese von sogenannten Randgruppen angesprochen wurden. Der demokratische Prozeß allerdings verlangt in meinen Augen auch, daß man sich mit den Vorstellungen und Problemen von anderen auseinandersetzen muß. Und Probleme und Symptome werden nicht dadurch bekämpft, daß diese totgeschwiegen oder verboten werden, sondern nur dadurch, daß man sich mit deren Ursachen und Hintergründen auseinandersetzt.

Also stehst Du gegen Political Correctness und Denkverbote…

Bayernkini: Es muß die Chance genutzt werden, sich mit den Meinungen und Gedanken dieser Fürsprecher zu beschäftigen. Desweiteren werden wir den Versuch starten, wie allerdings auch schon die Vorgängerregierungen, Dol2Day mehr in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu rücken. Denn ich sehe diese Simulation, gerade in Hinsicht auf die anstehende Bundestagswahlen als einzigartige Chance, die Politikverdrossenheit, vor allem bei der jüngeren Generation, zu umgehen. Denn Politik kann und soll auch Spaß machen - Dol2Day ist das beste Beispiel dafür!

Versuchen die realen Parteien auch, Dol2Day für ihre Zwecke einzuspannen, gibt es da persönliche Verbindungen?

Bayernkini: Dazu kann ich keine durch Beweise fundierte Aussage treffen. Aber es ist sicherlich so, daß sich zumindest die Jugendorganisationen einzelner RL-Parteien hin und wieder über die Vorgänge in Dol2Day und vor allem in den jeweiligen Parteien, welche zum Teil als Vertreter der großen RL-Parteien fungieren, informieren. Für mich kann ich sagen, daß ich bezüglich der CIP und der Kanzlerschaft zumindest Kontakt zur Vorstandschaft der JU-Oberbayern habe. Das schöne an Dol2Day ist aber auch, daß man sich im wirklichen Leben auf Veranstaltungen der RL-Parteien trifft. Und das ist doch schon einmal ein guter Anfang, um die politischen Verbindungen auszubauen.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen