© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002

 
UMWELT
Österreich ist anders
Volker Kempf

Konrad Lorenz (1903-1989) ist der wohl bekannteste Wis-senschaftler, den Österreich hervorgebracht hat. Er war ein Verhaltensforscher, wurde mit dem Nobelpreis ausgezeichnet und hat sich als Pionier der Umweltschutzbewegung im gesamten deutschen Sprachraum verdient gemacht. Utopien von einem neuen und besseren Menschen durch Gesellschaftspläne hat Lorenz stets als illusionär abgetan und sich damit zum Feind aller Linken gemacht.

Doch Österreich ist auch hierbei anders, dort wird ein Umweltpreis des Alpenstaates nach dem großen Verhaltensforscher benannt. Gewürdigt werden sollen Persönlichkeiten für ihren „Einsatz für das Unwiederbringliche in der Natur und in der Umwelt“. Diese Würde wurde jetzt dem Bischof Erwin Kräutler und der Verhaltensforscherin Jane Goodall zuteil. Goodall ähnelt Lorenz insofern, daß der statt mit Affen, mit Graugänsen seine vergleichende Verhaltensforschung betrieb.

Die Preisträgerin hat das Sozialleben von Schimpansen erforscht und ein Bewußtsein dafür geschaffen, wie eng verwandt diese Art mit der unseren ist. Daß die Lage der großen Menschenaffen heute bedrohlich ist, hat die 68jährige Forscherin einer breiten Öffentlichkeit ans Herz gelegt. Der von Vorarlberg nach Brasilien übergesiedelte Bischof Kräutler unterdessen hat wesentlich dazu beigetragen, den Blick auf die Indianer zu verändern, weg vom Objekt der Nächstenliebe hin zur Erkenntnis, daß hier Subjekte ihrer eigenen Geschichte vorliegen. Kräutler geht es nicht um eine „anonyme Umwelt“, es geht ihm um eine „Mitwelt aller Völker“. Von Mitgeschöpfen und nicht von bloßen Objekten würde auch Goodall sprechen, für die Menschen auch nur Affen sind, was sich evolutionstheoretisch kaum abstreiten läßt.


 
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