© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002

 
WIRTSCHAFT
Grüne Marktwirtschaft
Bernd-Thomas Ramb

In ihrem Grundsatzprogramm „Grün 2020“ haben sich Bünd-nis 90/Die Grünen von ihrer marktfeindlichen Haltung der Anfangsjahre abgesetzt. Stand einst noch der Kampf gegen „ausbeuterische Wachstumszwänge“ an vorderster Front, beugt man sich jetzt dem Zwang, etwas gegen das ausbleibende Wachstum unternehmen zu müssen. Als Motor von Wachstum und Wohlstand wird sogar der Wettbewerb ausfindig gemacht. Die vermeintlich notwendige Einschränkung, daß Wohlstand nicht allein am Bruttosozialprodukt zu messen sei und auch ökologische Kosten berücksichtigt werden müßten, war selbst unter den hartgesottenen Vertretern einer freien Marktwirtschaft nie strittig.

Das aber wirklich zu glauben, fällt den Grünen immer noch zu schwer. Zu einer letzten Programmkonsequenz bleiben sie unfähig. Der von der Programmkommission vorgeschlagenen, eines wahren Ordoliberalismus würdigen Formulierung „Soviel Markt wie mögliche, so wenig Staat wie nötig“ vermochten die Delegierten nicht zu folgen. Die Furcht, als Neoliberale verketzert zu werden, machte die Eloquenz des aufknospenden Wirtschaftsverstands zunichte.

Statt dessen verwässerten sie den Programmpunkt mit ängstlicher Forderung nach staatlichen Interventionen. Der Staat solle doch „darauf achten, die Funktions- und Innovationsfähigkeit des Marktes zu erhalten“. Gerade das erreicht der Staat aber nur dann, wenn er sich aller Interventionen enthält. Das Vertrauen in die Kraft des Marktes ohne staatliche Reglementierung bleibt für die Grünen weiterhin ein hartnäckiger Fall für den Politpsychiater. Die eher anarchistischen Urgrünen hätten damit weniger Probleme gehabt. Bei den kreistagsmandatierten Grünen besitzen aber noch die Alt-68er mit ihren verblühten kommunistischen Jugendträumen das Sagen.


 
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