© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/02 22. März 2002

 
Bauernopfer an Rhein und Ruhr
SPD-Affäre II: Die SPD-Führung weist jede Verantwortung am Spenden- und Korruptionsskandal zurück
Peter Sundt

Herr Clees will spenden und möchte aber nicht alles auf seine Kappe nehmen.“ So simpel läuft es ab, wenn in Wuppertal eine halbe Million Mark an den SPD-Oberbürgermeister gehen, aber nur 250.000 Mark im Rechenschaftsbericht der Genossen auftauchen sollen. Die praxisnahe Darstellung stammt vom brandenburgischen Unternehmer Fred Noatnik, Freund und vor allem Großauftragsnehmer von Bauunternehmer Uwe Clees. Diese 200.000 Mark und weitere 50.000 sollen laut Staatsanwaltschaft über Strohmänner an die Wuppertaler SPD geflossen sein, die in der Stadt die wichtigsten Funktions- und Mandatsträger stellt und damit die Auftraggeber für Bauprojekte, an denen Clees partizipierte.

Während in Berlin die wahlkampfgestimmten Bundesparteien um die prestigeträchtige Behandlung im Untersuchungsausschuß ringen, wird der nordrhein-westfälische Spendensumpf an Rhein, Ruhr und Wupper nur schrittchenweise offenkundig. Nach dem Kölner Müllgeschmiere steht nun also auch der Wuppertaler Bürgermeister Hans Kremendahl - pikanterweise einst angtetreten als Saubermann - im Verdacht, Spendengelder „gewaschen“ zu haben, wenn nicht gar bestochen worden zu sein. Mit im Wuppertaler Sumpf sitzt zur Zeit auch SPD-Unterbezirks-Geschäftsführer Jörg Biesterfeld. Eifrig ist die Bundes-SPD derweil bemüht, den Brandherd als „lokales Problem“ einzudämmen, wohlwissend, daß eine Belastung des Generalsekretärs Franz Müntefering als ehemaligem Landesvorsitzenden mit dem Spendenskandal eine wahlnahe Katastrophe für die Bundes-SPD bedeute. Daher sollen die Skandale schön am Rhein bleiben.

Nicht nasse Füße zu bekommen droht der politischen Szene, sondern gänzlich im Dreck aus Bestechung, Spenden und Gemauschel zu versinken. Es ist mehr als eine Vermutung, daß die beiden aktuellen Skandale und die vielzähligen „kleinen“ Vergehen, die aus den Städten des Landes stellenweise auftauchen, nicht das Gesamtbild, sondern nur die Spitze des Eisberges offenbaren, wie Korruptions- und Spendenfachleute äußern. Zu nah sind die Verstrickungen von Politik, öffentlicher Hand und Wirtschaft.

Rigoros hält sich die SPD daher schadlos, in dem sie Bauernopfer macht. Der Kölner Ex-Fraktionschef Norbert Rüther, der frühere Kölner Schatzmeister Manfred Biciste, und nun auch Kremendahl sollen verklagt werden, lassen sie die Frist sich zu äußern bis nächste Woche verstreichen. Nicht zuletzt geht es auch um Schadensersatz von bis zu 1,27 Millionen Euro, die alleine wegen der Kölner Spendenpraxis der SPD an Strafe drohen.

Doch weitaus wichtiger bleibt den Genossen, in Berlin eine reine Weste zu behalten. Müntefering poltert bereits jetzt, seine SPD sei „heute schon weiter in der Aufklärung als die CDU in ihrer Affäre“. Der SPD-Generalsekretär spielt also va banque und muß es wohl auch. Der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers dagegen mutmaßt, Müntefering würde „noch so manches Wort im Halse stecken bleiben“. Er agiere nach der Devise „Haltet den Dieb“. Zu weit indes wird sich auch die CDU nicht aus dem Fenster lehnen. Zwar sind die NRW-Christdemokraten noch ungeschoren aus den bisherigen Skandalen hervorgegangen, doch das Spenden- und Korruptionsproblem auf lokaler Ebene ist eher generell, denn partiell.

Publikumswirksam wird die Partei jetzt offensiv. NRW-SPD-Schatzmeister Axel Horstmann stellt jetzt die Forderung auf, daß die Parteien künftig keine Barspenden über 1.000 Euro annehmen dürften. Das würde dann ein deutliches Mehr an Arbeit und Phantasie bedeuten, wollen schwarze Genossenschafe künftig Großspenden stückeln. Am Problem der Parteienfinanzierung, der Korruption und Bestechlichkeit wird es wohl wenig ändern können. 


 
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