© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Vom Wunsch beseelt, Deutschland zu einen
Studentenverbindungen: Von den Anfängen im 12. Jahrhundert bis zur bürgerlichen Revolution 1848
Alexander Barti

An den Universitäten und im gesellschaftlichen Leben spielen die Studentenverbindungen praktisch keine Rolle mehr. Vorbei die Zeiten, in denen man nur mit einem ordentlichen „Renommier-Schmiß“ auf der Wange etwas werden konnte. Ein Höhepunkt in der Bedeutung der Verbindungsstudenten war sicherlich die Frankfurter Nationalversammlung von 1848, wo viele von ihnen für die Einheit Deutschlands stritten.

Die Geschichte der studentischen Zusammenschlüsse ist eigentlich so alt wie die Universitäten selbst. Im 12. und 13. Jahrhundert bildeten sich an den Universitäten sogenanne „Facultates“ (Paris) und „Nationes“ (Padua, Bologna) als Interessen- und Schutzgemeinschaften von Studenten gleicher Herkunft oder Fachrichtung. Gleichfalls noch „landsmannschaftlich“ lebten die Studenten im 16. Jahrhundert, organisiert in sogenannten „Bursen“, den ersten Studentenheimen. In jene fernen Zeiten reicht auch das Recht zurück, eine Waffe tragen zu dürfen; die Wege waren nicht gesichert und die „wandernden Scholaren“ mußten sich manches Mal schlagkräftig verteidigen.

Studentische Logen waren freimaurerisch inspiriert

Nach 1740 schwappte die Freimaurerbewegung aus England auf den Kontinent und fand dort vermehrt Anhänger, vor allem auch in den Reihen der Studentenschaft. Es entstanden sogenannte „Orden“, die als studentische Logen funktionierten. In den Orden wurde auch das „Lebensbundprinzip“, das heißt lebenslange Mitgliedschaft über die Studienzeit hinaus, eingeführt. Gleichzeitig erfolgte die Aufhebung des landsmannschaftlich-nationalen bzw. des Fakultätsprinzips. Die Orden betrieben eine Selektion der Mitglieder, die bestimmte Aufnahmekriterien erfüllen mußten. Dabei wurde die Abgrenzung zwischen adeligen und bürgerlichen Studenten weitgehend aufgehoben. Die Orden führten strenge Regeln für das Duell und den Umgang miteinander, die „Comments“, ein. Der Obrigkeit waren die Orden wegen ihrer undurchschaubaren Strukturen und ihrem Zusammenhalt ein Dorn im Auge. Diese Gemeinschaften wurden daher streng verfolgt, ihre Mitglieder oft der Universität und des Landes verwiesen.

Breits 1789 erfolgte in Halle an der Saale die Stiftung des Corps Guestphalia mit zunächst noch stark landsmannschaftlicher Prägung. Die Guestphalia - und mit ihr die Corps - gilt als die älteste Studentenverbindung der Neuzeit. Nach 1808 kam es als Folge der napoleonischen Unterdrückung zur Bildung der Ur-Burschenschaft als Vertretung der Gesamtheit aller Studenten. Diese war geprägt vom Freiheits- und Vaterlandsgedanken, ist aber nicht identisch mit der heutigen Burschenschaft; die gründete sich nämlich erst am 12. Juni 1815 in Jena. Viele späteren Burschenschafter hatten gegen Napoleon gekämpft und widersetzten sich den Beschlüssen des Wiener Kongresses, der 38 deutsche Staaten entstehen ließ. Im Oktober 1817 kam es zum Wartburgfest in Eisenach, gefolgt vom Hambacher Fest 1832, bei dem die rebellischen Studenten die Einheit Deutschlands forderten.

Ebenfalls im Zeitalter der bürgerlichen Revolten um 1848 entstanden die konfessionellen Verbindungen: Während der Ausstellung des Heiligen Rockes in Trier im Sommer 1844 kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die katholische Auffassung der Heiligen- und Reliquienverehrung starken Anfeindungen ausgesetzt war. Um einem solchen Zeitgeist Widerstand entgegenzusetzen, schlossen sich katholische Studenten in verschiedenen deutschen Universitätsstädten zu Vereinen zusammen. So wurde am 15. November 1844 in Bonn die katholische Verbindung „Bavaria“ gegründet. Diese und alle nachfolgenden katholischen Verbindungen hoben sich von den nicht-katholischen dadurch ab, daß sie keine Mensuren fochten, da dies von der katholischen Kirche als Vorstufe zum Duell verboten war.

Am 25. Juni 1848 gründete Franz Lorenz Gerbl in München einen „Katholischen Leseverein für Studierende“. Aus diesem Verein entstand am 5. Februar 1851 die katholische Studentenverbindung „Aenania“. 1856 wurde in Breslau die katholische Studentenverbindung „Winfridia“ gegründet.

In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich der Aufbau des Kartellverbandes sehr zügig, obwohl die überkonfessionellen, schlagenden Studentenverbindungen sowie die universitären und staatlichen Behörden die Verbreitung des katholischen Farbstudententums zu verhindern suchten.

Die deutsche Romantik prägte die Verbindungen

Der „Wingolf“, ebenfalls eine christliche Verbindung, sieht auch das Jahr 1844 als eigentliches Gründungsdatum. Der Bund entstammt dem Vormärz und der deutschen Romantik. Sein Name leitet sich aus den damals vielgelesenen Oden Klopstocks über den Tempel der Freundschaft, den Wingolf, ab. Mit seinem Bekenntnis zum Christentum, seiner Liebe zum Vaterland und seiner korporativen Lebensform hatte der Wingolf teil an den Grundsätzen der Ur-Burschenschaft. Nicht zuletzt deshalb feierten die Wingolfverbindungen ihr Bundesfest seit 1850 alle zwei Jahre auf der Wartburg bei Eisenach.

Die „modernen“ Landsmannschaften, seit 1951 im Coburger-Convent organisiert, entstanden um 1840 als Reformbewegung gegen die Corps und vertraten daher, im Gegensatz zu den Burschenschaften, einen „unpolitischen Patriotismus“. Für die Ideen von 1848 traten sie aber mit gleicher Vehemenz ein.

Dachverbände von studentischen Verbindungen:

Kösener Corps (KSCV): Gerichtsstraße 13, 33602 Bielefeld, Tel.: 05 21 / 6 61 90, Fax: 05 21 / 13 81 27, E-Post: info@corps-adressen.de 

Weinheimer Corps (WSC): Siegfriedtraße 4, 69469 Weinheim, Tel.: 0 62 01 /18 40 46, Fax: 0 62 01 / 18 40 46, E-Post: duennebier@t-online.de , www.corpsstudent.de 

Deutsche Burschenschaft (DB): Pressestelle: Rechtsanwalt Karsten Rausch, Postfach 900223, 14438 Potsdam, Fax: 03 31 /7 48 23 45, E-Post: presse@burschenschaft.de , www.burschenschaft.de 

Coburger Convent (CC): Oberstraße 45, 45134 Essen, Tel.: 02 01 / 84 34 79, Fax: 02 01 / 84 34 99, www.coburger-convent.de , E-Post: info@coburger-convent.de 

Katholischer Cartellverba nd (CV): Linzer Straße 82, 53604 Bad Honnef, Tel.: 0 22 24 /9 60 02-0, Fax: 0 22 24 / 9 60 02 20, ePost: Sekretariat@Cartellverband.de , www.cartellverband.de 

Neue deutsche Burschanschaft (NeueDB): Cimbernstraße 12, 14129 Berlin, Tel.: 030/ 8 03 52 34, Fax: 030 / 8 03 26 63, -E-Post: Presse@neuedb.de , www.neuedb.de 

Verein deutscher Studenten (VdSt): Beispiel in Berlin: Gartenstraße 1, 14169 Berlin, Tel.: 030 / 81 29 78 71, Fax: 030 /81 29 78 73, www.vdst.net 

Wingolf: z. B. Berliner Wingolf, Schillerstr. 36, 10627 Berlin, Tel.: 0 30 / 3 12 23 09, Fax: 0 30 / 3 12 23 09, www.wingolf.de 


 
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