© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Eine Leerstelle als Symbol der Impotenz
Im April will die Kommission „Historische Mitte“ ihren Abschlußbericht zum Wiederaufbau des Stadtschlosses vorlegen
Alexander Barti

Vor gut einem Jahr wurde die Kommission „Historische Mitte“ berufen, die über die Zukunft des Berliner Schloßplatzes nachdenken sollte. Sie wurde maßgeblich von dem Berliner Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) ausgewählt, und wie immer, wenn es um eine wichtige Angelegenheit der Deutschen geht, war sie „international“ besetzt; ihr Votum sollte bindend sein. Vorsitzender der Kommission war Hannes Swoboda, seines Zeichens Abgeordneter für die Österreichischen Sozialdemokraten (SPÖ) im Europaparlament. Alles schien nach Plan zu verlaufen, denn die Mehrheit der Kommission war einer Rekonstruktion des im September 1950 auf Geheiß der SED gesprengten Hohenzollernschlosses skeptisch eingestellt. Da geschah das Unvorhergesehene: Swoboda und ein Großteil seiner Kommissions-Kollegen sprach sich immer deutlicher für einen weitgehenden Aufbau des Berliner Schlosses aus (JF 2/02). Sie seien zu dem Schluß gekommen, daß in der Mitte Berlins, neben Dom, Lustgarten, Museumsinsel, Forum Friderizianum und Zeughaus nur das Schloß passe. Damit ist man nun dort wieder angekommen, wo man vor zehn Jahren begann; jetzt soll „die Politik entscheiden“ - obwohl „die Politik“ aufgrund eigener Entscheidungsunfähigkeit die Kommission berufen hatte.

Am 17. April will die Kommission ihren Abschlußbericht vorlegen, so daß danach wahrscheinlich der Bundestag entscheiden muß, was, wie und warum auf dem Berliner Schloßplatz gebaut wird. Bei der derzeitigen politischen und finanziellen Lage wird man sich nicht wundern dürfen, wenn die Abgeordneten einen jener fragwürdigen Kompromisse zusammenwursteln werden, mit dem keiner zufrieden sein wird. So bleibt der Schloßplatz weiterhin das Symbol bundesrepublikanischer Impotenz. 


 
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