© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
PRO&CONTRA
Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen schließen?
Christoph Wagner / Bernhard Scheer

Die ZVS ist ein Symbol für staatliche Planwirtschaft. Sie ist in ihrer gegenwärtigen Form abzuschaffen. Die Studenten sollen das Recht erhalten, sich an der Hochschule ihrer Wahl direkt zu bewerben. Gleichzeitig sollen die Hochschulen das Recht haben, sich ihre Studenten selbst auszusuchen. Das hat einen Wettbewerb der Hochschulen untereinander zur Folge.

Die Abiturleistungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden, mit der Abiturnote kann keine hinreichende Eignung für einen spezifischen Studiengang mehr festgestellt werden. Hier ist ein individuelles Auswahlverfahren durch die vom Studenten gewählte Hochschule vorzuziehen, das sorgt für eine objektivere und damit gerechtere Vergleichbarkeit. Die Verteilung der Studenten auf die Studienorte erfolgt vorrangig nach sozialen Kriterien (zu 82,5 Prozent) und verhindert damit einen Wettbewerb zwischen den Hochschulen um die Studienbewerber. In dem von der ZVS durchgeführten Verteilungsverfahren erhalten nur die besten 17,5 Prozent einen Studienplatz an ihrer Wunschhochschule. Das ist leistungsfeindlich und führt entweder zur Seßhaftigkeit der auf Sicherheit bedachten Studienbewerber, die ihre nächstgelegene Hochschule als Wunschhochschule angeben, oder setzt den mobilen Studienbewerber - der zum Beispiel an einer Hochschule mit einem besonders guten Ruf studieren möchte - der Gefahr aus, an eine von ihm überhaupt nicht gewählte Hochschule „verschickt“ zu werden. Die Hochschulen stehen dann im Wettbewerb um die qualifiziertesten Studenten. Die Abiturienten erhalten den Anreiz, ihre Leistungs- und Grundfächer nicht mehr unter dem Gesichtspunkt einer möglichst guten Durchschnittsnote zu wählen, sondern nach dem Erwerb bestmöglicher Bildung zu streben.

Den letztlich geht es nur um eines: Wie erreichen wir eine möglichst hohen Bildungsgrad der Schüler. Die Liberalen haben ihre Antwort gegeben: Wettbewerb!

 

Christoph Wagner ist Vorstandsmitglied im Landesverband der Jungen Liberalen Rheinland-Pfalz.

 

 

Liest man manche Aussagen über die ZVS, muß man zu dem Schluß kommen, sie sei das Grundübel der deutschen Bildungslandschaft. Eine „planwirtschaftliche Behörde“ sei die ZVS, die mit ihrem „Verteilungsdiktat“ eine „moderne Kinderlandverschickung“ betreibe, kurzum ein „Relikt des Bevormundungsstaates“. Nichts davon hält einer genauen Prüfung stand.

Nach deutschem Recht sind Zulassungsbeschränkungen nur dann verfassungskonform, wenn die Ausbildungsmöglichkeiten der Hochschulen erschöpfend genutzt werden, und wenn die Auswahl der künftigen Studenten zentral nach einheitlichen Regeln erfolgt. Der Bürger hat ein „Teilhaberecht“ an den staatlich finanzierten Ausbildungsmöglichkeiten. Auf den ersten Blick mag es erstaunen, daß das Recht auf einen Studienplatz „Verfassungsrang“ besitzt. Die freie Wahl des Berufes ist ein liberales Bürgerrecht, das als Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen vor dem Hintergrund der Hitlerdiktatur ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Neue Wertschätzung hat es durch die Wiedervereinigung erfahren. Denn wer ein wenig das Bildungswesen der verblichenen DDR kennt, weiß, mit welchen Mitteln der Staat seine Bürger in die „richtigen“ Ausbildungsgänge gebracht hat.

Aber auch die praktischen Vorteile der ZVS sind unbestreitbar. Ohne sie müßten sich 20.000 Medizin-Bewerber nicht an einer Stelle, sondern bei bis zu 35 Unis bewerben, viele Anträge bearbeitet werden, obwohl doch nur ein Platz gesucht wird. Wer von der ZVS nach gerichtlich überprüfbaren Kriterien ausgewählt wird, erhält in rund 75 Prozent der Fälle einen Studienplatz an seiner Wunschhochschule. Ein so hoher Wert ist ohne eine zentrale Entscheidung nicht zu erreichen. In den anderen Fällen bietet die ZVS einen Platz an einer Ersatzhochschule an. Als neutraler Makler sorgt die ZVS dafür, daß möglichst viele Studienwünsche erfüllt werden und daß kein nachgefragter Studienplatz ungenutzt bleibt.

 

Dipl. Volkswirt Bernhard Scheer ist Pressesprecher der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund.


 
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