© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/02 15. März 2002

 
Dreieinige Ratlosigkeit
von Olaf Thiedemann

Rußland, Polen und Litauen wirkten auf der Königsberg-Konferenz wie betäubt. Die Beratungen zwischen den drei Staaten über die Königsberger Zukunft nach einer EU-Osterweiterung können auf dem bisherigen Wege zu nichts führen. Moskau steht sich dabei mit seiner Putin-Doktrin (Königsberg war, ist und bleibt russisch!) selbst im Wege. Es weiß dabei wohl, daß sich Polen und Litauen in das Schengener Abkommen einbinden müssen, und sucht zugleich die Nähe zur wirtschaftlich potenten EU über ein „Schaufenster“ Königsberg.

Es zeigt sich aber andererseits außerstande, Königsberg einen Sonderstatus zuzubilligen, der das „Schaufenster“ erst möglich macht. Litauen und Polen möchten keine Visahürden aufbauen, um dem Wirtschaftsfluß im dreigeteilten Ostpreußen freien Lauf zu lassen. Gleichwohl müssen sie es, wollen sie EU-Mitglieder werden. Ergo: Es herrscht dreieinige Ratlosigkeit. Moskau, Wilna und Warschau sollten Berlin nötigen, sich zu seiner Verantwortung für Ostpreußen demütig zu bekennen und es dazu zwingen, eine aktive Rolle in der europäischen Königsbergpolitik zu übernehmen. Der Demutshebel verspricht in Berlin Erfolg! Es stehen auch schon einige deutsche Firmen Richtung Königsberg in den Startlöchern. Diese warten nur noch auf das erforderliche Quantum an Investitionssicherheit. Ostpreußen hätte etwa als geförderte Euroregion „Prussia“ eine Zukunft. Doch statt dessen? Ahistorische Politik soweit das Auge reicht! Und Brüssel selbst? Ja, dort freut man sich schon auf den Enklaven-Testfall: Luftbrücke Königsberg mit Rosinenbomber- und Wodkageschwadern aus Moskau!


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen