© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/02 08. März 2002


Auf dem Kriegspfad
von Peter Lattas

War der Afghanistan-Krieg nicht schon gewonnen? Die scheinbar besiegten Taliban sind wieder da, und erbitterte Gefechte, abgeschossene Hubschrauber und tote US-Soldaten bestimmen die Schlagzeilen. Nicht nur oppositionelle US-Senatoren bekommen angesichts der fehlenden „exit strategy“ mulmige Vietnam-Gefühle. Auch der deutschen Bundesregierung dürfte der Blankoscheck, den sie mit der „uneingeschränkten Solidarität“ ausgestellt hat, inzwischen in den Händen brennen. Keiner weiß, wohin die Reise geht, am wenigsten der oberste Dienstherr der Soldaten, die unter amerikanischem Befehl mit im Gefecht stehen. Amerika hat es nicht nötig, den Verbündeten zu sagen, was es mit deren Soldaten macht, oder auch nur auf deren Geheimhaltungswünsche Rücksicht zu nehmen.

Rußland hat zehn Jahre lang blutig gelernt, daß mit dem Sturz des alten Regimes ein Bergland voll rivalisierender Stämme noch lange nicht unter Kontrolle ist. Amerika hat die Lektion noch vor sich. Vorerst beschränkt sich die US-Strategie aufs Zuschlagen und überläßt das Aufräumen danach den Verbündeten. Amerika ist auf dem Kriegspfad, und der Weg ist das Ziel. Ein unauffindbarer Bin Laden eignet sich trefflich, um auf der Suche nach ihm weitere alte Rechnungen zu begleichen. In Afghanistan geht es aber auch darum, das Land soweit ruhigzustellen, daß niemand die geplanten Ölleitungen stört. Das erfordert langfristiges Engagement. Deutschland täte gut daran, wenigstens für sich eine Ausstiegsstrategie zu suchen - schon aus Verantwortung für die eigenen Soldaten.


 
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