© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/02 22. Februar 2002

 
Meldungen

Polen: Kein Christus unter den Nationen

KÖLN. Eine kleine Dokumentation in der Zeitschrift Osteuropa (12/01) macht drauf aufmerksam, daß das polnische Staatswesen in seiner langen und dramatischen Geschichte keineswegs nur ein leidvoller „Christus der Nationen“ war, sondern bei sich bietenden Gelegenheiten nicht nur zum „Henker des Unabhängigkeitsstreben anderer Völker“ avanciert sei. Doch würde diese Tatsache „im kollektiven Bewußtsein der meisten Polen gern verdrängt“. Dies gilt insbesondere für die Repressionen gegenüber der nichtpolnischen Bevölkerung Ostpolens bis 1939, für den aggressiven polnischen Antisemitismus während der Pilsudski-Ära und die Verbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung in den preußischen Ostprovinzen seit 1945. Zu all diesen verdrängten, hinter nationalen Mythen verschwundenen dunklen Kapiteln der Geschichte Polens stellt die Zeitschrift Osteuropa selbstkritische Kommentare polnischer Publizisten in deutscher Übersetzung vor.

 

IGH: Zweischneidiger deutscher Triumph

TÜBINGEN. Daß die BRD es gewagt habe, die „übermächtigen“ USA vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wegen der Hinrichtung der Brüder LeGrand zu verklagen und dann auch noch auf ganzer Linie zu siegen, werde sicher von vielen als Triumph des Völkerrechts gedeutet: Endlich sei das Primat des Völkerrechts auch gegen die einzige Supermacht durchgesetzt worden. Der in Erlangen lehrende Staats- und Völkerrechtler Christian Hillgruber glaubt indes, daß solche Reaktion wegen des selbstherrlichen Umgangs, den man in Washington mit dem internationalen Recht pflege, zwar verständlich, aber nicht angemessen sei (Juristenzeitung 2/02). Denn der deutsche Verfahrenstriumph sei erkauft worden mit dem Versuch des IGH, in seiner Rechtsauslegung selbst Völkerrecht zu schaffen. Dies zeige eine Tendenz, den Staaten mehr abzuverlangen, als sie vertraglich konzediert hätten. Davor könne im Interesse des auf die Akzeptanz der Staaten angewiesenen Völkerrechts nur gewarnt werden.

 

Joachim Hoffmann ist gestorben

FREIBURG. Am 8. Februar ist in Freiburg im Breisgau der Historiker Joachim Hoffmann verstorben. Geboren wurde er am 1. Dezember 1930 in Königsberg/Preußen. Ab 1951 studierte er Neuere und Osteuropäische Geschichte und Vergleichende Völkerkunde. Von 1960 bis 1995 war Hoffmann Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr. Bekannt wurde er durch sein Werk über „Stalins Vernichtungskrieg 1941-1945“. Im Jahre 1991 wurde ihm die „Dr.-Walter-Eckhard-Ehrengabe für Zeitgeschichtsforschung“ und 1992 der Kulturpreis „General Andrej Andrejewitsch Wlassow“ verliehen. Einen ausführlichen Nachruf auf Joachim Hoffmann lesen Sie in der nächsten Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen