© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/02 22. Februar 2002

 
Frisch gepreßt

Europa. Das erste Jahrbuch für Europäische Geschichte, erschienen im Jahre 2000, vereinte Beiträge, die die traditionelle Nationalgeschichtsschreibung in Richtung einer europäischen Historiographie hinter sich lassen wollten. Damit trugen die Herausgeber einer aktuellen wissenschaftspolitischen Tendenz Rechnung, deutsche Geschichte an den Hochschulen so früh wie möglich in übernationalen Bezügen zu vermitteln (JF 30/00). Den Beiträgen des zweiten Bandes fehlt leider ein ähnlich homogenes Konzept, obwohl es immerhin ein Schwerpunkthema gibt: Europäisches Recht in Übersee. Fraglich ist allerdings, ob Aufsätze zur Zivilrechtskodifikation in der Meiji-Zeit und zum Transfer niederländischen Rechts in West- und Ostindien nicht allzu spezialistisch sind, um dem Anspruch des Jahrbuchs gerecht zu werden, über Doktorandenseminare hinaus historisch interessierte Laien erreichen zu wollen. Zu diesem Zweck hätte es mehr Beiträge vom Niveau Peter Burkes (Die Informationsexplosion im frühneuzeitlichen Europa) oder Malgorzata Morawiecs (kritisch zum polnischen Geschichtsverständnis, „Vormauer des christlichen Europas“ gewesen zu sein) bedurft. (Heinz Duchhardt und andere, Hg., Jahrbuch für Europäische Geschichte. Band 2, Oldenbourg Verlag, München 2001, 295 Seiten, 39,80 Euro).

Max Stirner. Der von Friedrich Engels verhöhnte Philosoph Max Stirner (1806-1856), Verfasser eines Werkes über den „Einzigen und sein Eigentum“ und damit oft als Erzvater des Anarchismus vereinnahmt, hat Karl Marx so nachhaltig beeinflußt wie Fjodor Dostojewski. Der in Armut und Elend geendete, von Carl Schmitt wie von Jürgen Habermas als „rigoroser Monomane“ abgelehnte Denker ist also alles andere als ein Geheimtip. Wolfgang Korfmacher, wie der Hobby-Schnüffler Georg Wilsberg Antiquar in Münster, kann sich darum nur in eine kaum überschaubare Schlange von Interpreten einreihen. Wie viele vor ihm, konturiert Korfmacher den Nichtkonformisten, den Antiplatonisten, mit dem „kein Staat zu machen“ sei, und auf den sich heute vielleicht berufen kann, wer kulturkritisch gegen „Leistungsprinzip, Konsumhedonismus und Informationsüberflutung“ Stellung beziehen will (Stirner denken. Max Stirner und der Einzige. Karolinger Verlag, Wien-Leipzig 2001, 102 Seiten, 19 Euro).


 
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