© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/02 22. Februar 2002

 
Wehrloser Kriegsfilm
Moritz Schwarz

Mit dem „schon erwarteten Desinteresse“, so bekennt Filmproduzent Jimmy Gerum, straften Fach- und Publikumspresse sowie die geladenen Vertreter von Filmkunst und -wirtschaft eine Diskussionsveranstaltung, mit der die Produzenten der Neuverfilmung von „So weit die Füße tragen“ versucht haben, sich gegen die politischen Anfeindungen und die Mißachtung ihres Filmes durch die Leitung der Berliner Filmfestspiele zu wehren.

Nachdem das Kinodrama um einen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft fliehenden Wehrmachtsoffizier in Teilen der Presse als revanchistisch und deutschtümelnd verrissen und der Film nicht im Rahmen der Reihe German cinema auf der Berlinale gezeigt worden war (JF berichtete), hatten sich die Produzenten zu einer Parallelveranstaltung im Ufa-Palast am Alexanderplatz entschlossen. Eingeladen waren auch Vertreter der russischen Botschaft und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, um über den Film zu diskutieren. Am Dienstag vergangener Woche füllten jedoch nur zwanzig Personen die Sitzreihen, so daß die Veranstalter - Produzent Jimmy Gerum, Regisseur Hardy Martins und Hauptdarsteller Bernhard Bettermann - sich nach der Vorführung ihres Films einem beinahe leeren Haus zur Diskus-sion stellten mußten.

„Unser Film paßt nicht ins hierzulande übliche Schubladendenken, nachdem in Filmen über die Vergangenheit die Deutschen nur auf der Täterseite stehen dürfen“, benannte Gerum den Kern der politischen Probleme, auf die der Film seit seinem Start gestoßen ist. Bettermann forderte gar die Zuschauer auf, ihm doch jene Klischees zu bestätigen, die die Kritik dem Film immer wieder vorhält. Offensichtlich aber blieben dem anwesenden Publikum die Vorwürfe ebenso ein Rätsel.

Als weiteren wichtigen Grund für den Mißerfolg des Films nannten die Veranstalter allerdings die in der Filmbrache übliche „Cliquenwirtschaft“, die auch ambitionierte Außenseiterproduktionen links liegen lasse. „Doch verlangt die Diskrepanz zwischen der Akzeptanz des Publikums und der Ablehnung durch die Fachwelt weiterhin eine Erklärung“, so Gerum gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Er bedauerte, daß weder der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Alexander Brenner, noch der Presseattaché der russischen Botschaft der Einladung gefolgt waren. Brenner, der eigentlich kommen wollte, „fand leider dann doch keine Zeit“, wie sein Büro auf JF-Anfrage mitteilte. Auch der Presseattaché bedauerte, verhindert gewesen zu sein. So geriet die Veranstaltung zum „Monolog statt Dialog“. Dennoch will man nicht klein beigeben. „Unser Film ist ein „Brückenschlag zwischen den Generationen“, betonte Regisseur Martins. Inzwischen führen er und Betterman den Film auch in Schulen vor, um mit den Schülern über das Schicksal ihrer Großväter zu diskutieren. Zudem laden sie - zur Zeit in verschiedenen mitteldeutschen Städten - Rußlandheimkehrer zur Aussprache über den Film ein. „Wir nehmen nicht hin“, so Gerum „wie mit dem Film und seinem Thema umgegangen wird.“


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen