© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/02 22. Februar 2002

 
Diepgens Trumpf
von Thorsten Thaler

In der Berliner CDU geht es nach dem erzwungenen Rücktritt Eberhard Diepgens drunter und drüber. Der langjährige Landesvorsitzende und bis Juni vorigen Jahres amtierende Regierende Bürgermeister hatte am vergangenen Sonnabend das Handtuch geworfen, nachdem ihm die Delegierten bei der Nominierung zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl die Gefolgschaft verweigert hatten. Jetzt toben in der Union erbitterte Diadochenkämpfe um seine Nachfolge - mit ungewissem Ausgang.

Diepgens Abgang markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Berliner CDU. Der heute 60jährige war das Aushängeschild einer ebenso eingeschworenen wie wirkungsmächtigen Seilschaft aus Funktionären und Mandatsträgern, die sich die Partei untertan gemacht hatte. Mehr als zwei Jahrzehnte dominierte die „K-Gruppe“ - benannt nach dem Organisator der Kungelrunden, Peter Kittelmann - sowohl das innerparteiliche Geschehen als auch das öffentliche Erscheinungsbild der Union. Gegen den Willen der Strippenzieher ging buchstäblich nichts, zahllose Karrieren verdanken sich ihrem Einfluß. Damit ist es nun vorbei. Die Macht dieser aus alten West-Berliner Zeiten stammenden Kaste ist gebrochen. Das „System Diepgen“ hat endgültig abgewirtschaftet.

Ein letzter Trumpf bleibt den Abgehalfterten freilich noch: ihr Ziehkind Frank Steffel (36). Wenn es dem ehrgeizigen Fraktionschef gelingt, auch den Landesvorsitz der Berliner CDU zu erobern, dann könnte das „System Diepgen“ eine Fortsetzung finden.


 
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