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Pressemitteilung: 

Berlin, den 20. Februar 2002 

Aus Anlaß des 59. Todestages der Geschwister Scholl erinnert Susanne Zeller-Hirzel, selbst Mitglied der Weißen Rose, im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT an ihre Jugendfreundin Sophie Scholl: “Sie wollte Hitler erschießen“

“'1942 erzählte mir Sophie von der Weiße-Rose-Gruppe“, berichtet Sophie Scholls enge Jugendfreundin Susanne Zeller-Hirzel in einem Interview mit der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT: “Ich merkte, sie war zu allem entschlossen, sie phantasierte davon, Hitler zu erschießen, und ich spürte, sie war sogar bereit, ihren Tod in Kauf zu nehmen.“

Als Motiv für den Widerstand Sophie Scholls, deren Hinrichtung durch die Nationalsozialisten sich am 22. Februar zum 59. Mal jährt, nennt Zeller-Hirzel: “Deutschland war ihr wichtig. Im Gestapo-Verhör hat sie die Frage nach dem 'Warum?' mit dem Satz 'Für mein Volk' beantwortet. Und sie sagte wörtlich: 'Ich will nicht schuldig werden'.“

Susanne Zeller-Hirzel hatte selbst Anfang '1943 in Stuttgart zahlreiche Flugblätter der Weißen Rose verteilt und war am 22. Februar, vier Tage nach den Geschwistern Scholl, zusammen mit ihrem ebenfalls engagierten Bruder Hans verhaftet worden. Der “Volksgerichsthof“ des Roland Freisler verurteilte sie schließlich zu einem halben, ihren Bruder zu fünf Jahren Gefängnis. Nach dem Krieg mußte sie sich in psychotherapeutische Behandlung begeben.

Aus ihren Erfahrungen in der Vergangenheit kritisiert Zeller-Hirzel auch die Zustände der Gegenwart: “Die Menschen haben sich nie wirklich mit der damaligen Zeit beschäftigt, deshalb verfallen sie wieder in die gleichen Fehler.“ Als Beispiel nennt sie: “Zwar garantiert unser Staat heute die klassische Pressefreiheit, aber der öffentliche Druck ist oft so groß, daß man sich nicht mehr frei äußern kann. Zum Beispiel durch den 'Aufstand der Anständigen', der mich an die Massenveranstaltungen der Nazis erinnert hat.“

Ebenfalls beklagt sie den Mißbrauch des Wortes “Zivilcourage“ heutzutage: “Zivilcourage? ­ Ach Gott, früher war der Widerstand lebensgefährlich, heute ist er staatlich gefördert“, so Zeller-Hirzel.

V.i.S.d.P.: Thorsten Thaler, Chef vom Dienst, Hohenzollerndamm 27a, 10713 Berlin


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